The Twilight Sad – Forget The Night Ahead

Alternative RockIndie Rock, VÖ: September 2009

Es ist eigenartig. Bereits sechs Jahre liegt nun der erste Auftritt von The Twilight Sad im „The 13th Note“ in Glasgow zurück und doch scheint es, als wäre dieser Abend erst gestern gewesen. Aber das soll nun kein Grund sein, um spontan die sentimentale Tränendrüse zu missbrauchen. Es ist viel mehr ein gedanklicher Rückblick auf die unzähligen Höhepunkte einer langen und intensiven Geschichte, die nun um eine spannenende Wendung im Bereich der musikalischen Stilistik bereichert wird. Den Auftakt in eine neue Welt von The Twilight Sad machte die Single ‚ I Became A Prostitute ‚. Launisch wie eh und je, dafür um einiges gestärkt und muskulöser brüllen uns die Gitarren auf dem Stück den dichten atmosphärischen Drift auf die kalte Haut. Stumpf und direkt hämmern uns die Textzeilen in den Ohren und erzeugen innerlich durch die komplizierten Emotionen einen lang anhaltenden Widerhall. Reue, Rache und Beruhigung strömen durch die Songs, getragen von der Stimme Graham’s: „You and I will bury them all“ heißt es auf ‚ Interrupted ‚ und „Blood is never spilled after dinner“ auf ‚ The Room ‚.

Manchmal wird dadurch leider die aufsteigende Sonne vergessen, der epische Schwung und die zerbrechliche Zartheit verschwinden zuvor in den Tiefen der Dunkelheit, jedoch sind die spürbaren Fortschritte von The Twilight Sad unglaublich faszinierend und bittersüß. Emotionaler Indie-Rock, der sich verzweifelt durch die dicken Nebelfetzen des Shogaze-Genres kämpft, während der Hall und die lärmenden Gitarren von allen Seiten wie ungestüme Bestien darüber herfallen. Die Dunkelheit ist generell zentraler Angelpunkt und wesentlicher Bestandteil in den Texten von Graham. „They are mainly based around things that have happened to me over the past two years, revolving mainly around losing people and being none too proud or happy with myself about my antics and situations I’ve found myself in“. Es ist eine psychologische Selbst-Behandlung, ein Selbstversuch und eine Erlösung mit einem weitläufigen Triumphmarsch am Ende der Platte. Und dieser stammt nicht zuletzt durch die feine Balance zwischen der Melodie und der wütenden Agression Graham’s, sondern auch durch eine phantastische Arbeit hinter dem Mischpult von Delgado Paul Savage und Gitarristen Andy MacFarlane, der das zweite Studioalbum ‚ Forget The Night Ahead ‚ produzierte.

Herausgekommen ist eine Platte, die Hope Of The States schon immer anstrebten, aber nie erreichen konnten. Mit eingeflossen sind neben persönlichen Erlebnissen der letzten Monate sicherlich auch die gemeinsamen Tourneen mit den Smashing Pumpkins, Mogwai, Snow Patrol oder auch Beirut und Idlewild. Und wenn man ‚ Forget The Night Ahead ‚ etwas vorwerfen muss, dann die an manchen Stellen unnötige Überlänge. Selbst stürmische Gitarren in dauernder Gefechtsposition können hier nur das wesentliche kaschieren. Trotzdem ist die Platte natürlich keine Enttäuschung als solche zu sehen. Wäre dies das erste Werk einer anderen Band, würden sich die Menschen so ausgelassen darüber freuen, wie über das Debüt vor zwei Jahren. Doch die Standards setzten The Twilight Sad mit ‚ Fourteen Autumns & Fifteen Winters ‚ und hatten es dementsprechend nicht leicht, den hohen Erwartungen gerecht zu werden. Es bleibt dennoch kein Zweifel: Auch das zweite Album steht weiter entfernt in luftigen Höhen, lässt die Vergangenheit ziehen und erzeugt höchst ästhetische Schlussmomente einer scheinbar zu Anfangs unmöglichen Mission.

8.5