Wye Oak – Civilian

PopRock, VÖ: März 2011
WYE OAK haben auf CIVILIAN unsere Aufmerksamkeit von Anfang bis Ende.

Man muss ich darauf besinnen, die Konzentration auf die Musik lenken, die störenden Hintergrundgeräusche sprechender Menschen ausblenden und die Melodien in getragenen Bildern von dort hinten aus den dunklen Ecken in das strahlende Licht ziehen. Im Besten Fall gelingen diese geistigen Anstrengungen bereits nach wenigen Sekunden und Wye Oak danken es uns mit einem verführerischen Einstieg in ‚ Two Small Deaths ‚, dessen rauchige Lyrics und gruselige Atmosphäre vielleicht noch so manchen unter uns seltsam erscheinen mag. Doch dürfte das alles mit dem zweiten Stück ‚  The Alter ‚ in Vergessenheit geraten. Verzerrende Bässe wandeln in gemütlichen Schritten durch eine hüpfende Landschaft und erst mit Eintritt der hellen Gitarren erwacht auch dieser aus seiner anhaltenden Schläfrigkeit. Wye Oak sind, um eine Bewertung an dieser Stelle zu formen, ein gutartiger Virus für die musikalische Konkurrenz.

Ein überfülltes Becken im Indie-Rock-Bereich wird entleert, übrig bleibt das aus Baltimore stammende Duo. Und dieses besteht namentlich aus der Haupt-Songwriterin, Sängerin und Gitarristin Jenn Wasner und dem einhändig Schlagzeug spielenden (die andere Hand spielt Orgel und vieles mehr) Multi-Instrumentalisten Andy Stack. Er vollführt einen anmutig glänzenden Lärm, für dessen überproportionierten Ausmaße eigentlich drei Menschen vonnöten wären. Wie ein feindliches Abbild der klaren und sauberen Melodien verhalten sich in ‚ Dogs Eyes ‚ die gewalttätigen Gitarren, die in einem überschäumenden Ausbruch sämtliche Bitterkeit in die weite Welt schreien. Denn bei Wye Oak befindet man sich an einem unwirklichen Ort, alles spiegelt einen befremdlichen Eindruck in unsere Gesichter und doch ist die zusammenführende Nähe so offensichtlich, wie die beiden zentralen Themen der Platte: Einsamkeit und loszulassen wenn die Zeit reif dafür ist.

Eines der Highlights auf ‚ Civilian ‚ ist das Stück ‚ We Were Wealth ‚. Es taucht in die Vergangenheitsform, beginnt zurückhaltend und steigert sich von einem zaghaften Ausbruch zur Explosion. Umgeben von eindringlichen Geräuschen steht hier Wasner im Auge des Hurrikans in vollkommener Stille, während die Welt um Sie herum wirbelt. Insgesamt bildet das Debütwerk ein beeindruckendes Endergebnis und mit Sicherheit auch eine merkliche Neukonfiguration in der Musiklandschaft. Wye Oak verlieren dabei nie den surrealen Rand aus den Augen, beziehen Ihren lebensnotwendigen Sauerstoff durch atmosphärische Instrumentierungen und erleben Ihre Welt als subtile Paranoia. Es sind nur zwei Menschen, doch es fühlt sich an als wären ein Dutzend für diesen Sound verantwortlich. An dieser Stelle, dem 04. März 2011, wurde ein erstes dickes Ausrufezeichen gesetzt, dessen Widerhall noch lange in unseren Gehörgängen sein Unwesen treiben wird.

9.6