Morrissey – Viva Hate

Classic AlbumsIndie RockRock, VÖ: März 1988

Morrissey’s frühe Solokarriere zeichnet sich durch eine Reihe verworrener Kollegen aus. Bei „Viva Hate“, dem ersten Album nach der Auflösung von The Smiths und der ersten Gelegenheit zu hören, was er abseits von Johnny Marr im Stande ist zu leisten, waren zwei Musiker mit scheinbar unterschiedlichen Instinkten beteiligt. Stephen Street hatte „Strangeways, Here We Come“ für The Smiths produziert, und so hören wir auf dem Debüt von Morrissey üppige und schwerfällige Orchestrierungen. Vini Reilly war jedoch ein Rückruf zu Morrissey’s Wurzeln in der Manchester Post-Punk-Szene, einem Gitarristen, der ein Jahrzehnt damit verbracht hatte, spröde Gedichte als Durutti Column zu produzieren.

 

Diese seltsame Mischung aus übertriebener zur Schaustellung dienender Pracht und der minimalistischen Trägheit machen „Viva Hate“ zur einzigen Morrissey Platte, die man sich nur wegen der Musik anhören möchten. Von den gezackten programmierten Drums auf „Alsatian Cousin“ über die abblätternde MOR-Erhabenheit von „Everyday is Like Sunday“ bis zu den diskret hinreißenden Streichern auf „Dial-a-Cliché“ ist es voller faszinierender Berührungen, zu denen Morrissey einige seiner ausdrucksstärksten Gesänge aufnahm. Textlich hat „Margaret on the Guillotine“ – Margaret Thatcher natürlich – nicht viel mehr zu bieten als Schocktaktiken: Es ist Morrissey’s hinterhältiges Gift, das es zum Laufen bringt.

Nach dem Auseinanderbrechen der Smiths musste Morrissey beweisen, dass er ohne Johnny Marr ein lebensfähiger Künstler war, und „Viva Hate“ erfüllte dieses Ziel mit Anmut. Ein großes Zugeständnis ist das Vorhandensein von Synthesizern – was angesichts der entschlossenen Ablehnung von Keyboards seitens The Smiths ironisch erscheint – aber weder der Sound noch Morrissey’s Witz werden dadurch verwässert. Und während die Musik gelegentlich schwunglos ist, kompensiert Morrissey dies mit einer hervorragenden Menge an Texten. Trotzdem waren die beiden Meisterwerke des Albums das wunderschöne „Everyday Is Like Sunday“ und das ansteckende „Suedehead“.

8.0