Kacey Musgraves – Deeper Well

Country, VÖ: März 2024
Auch wenn die äußerst zurückhaltende Instrumentierung des Albums es davon abhält, neben den besten Werken von KACEY MUSGRAVES zu stehen, ist es dennoch eine willkommene Abkehr vom Country-Pop der letzten Jahre.

Der Kardinal, ein purpurrot gefiederter Vogel, der in Kacey Musgraves‘ Heimat Texas und in New York zu finden ist, wo die Country-Sängerin ihr neuestes Album aufnahm, soll oft Hoffnung oder Weisheit symbolisieren. Andere glauben, Kardinäle seien spirituelle Boten oder Vorboten des Wandels. Symbolik ist allgegenwärtig auf „Deeper Well“, Musgraves’ sechstem Album, das mit dem spektakulären „Cardinal“ beginnt. Der Track ist einer ihrer bislang größten Songs und voller Laurel-Canyon-Folk: akustische Klänge und eine tiefe, klirrende E-Gitarrenlinie untermalt von ihren mystischen, halldurchtränkten Harmonien. Ihr Schlagzeuger kanalisiert Mick Fleetwood mit entspannten Grooves und Fills.

„I saw a sign, or an omen, on the branches/ In the morning“, singt Musgraves hell und beschwingt. „It was right after I lost a friend/ Without warning/ Words unsaid/ Scarlet red… Cardinal, are you bringing me a message from the other side?“ Einer der schönsten Songs auf „Deeper Well“ ist „The Architect“. Bei einem Wiedersehen mit ihrem langjährigen Co-Autor Shane McAnally lässt sich Musgraves von der leisen Kraft akustischer Gitarren im „The Sound of Silence“-Stil inspirieren. Es ist mehr als ein Jahrzehnt her, seit Kacey Musgraves‘ Debüt „Same Trailer, Different Park“ sie auf die Landkarte brachte. Wer „Deeper Well“ hört, dem wird bewusst, wie viel sich seitdem verändert hat. 

Fans ihrer eher freimütigen Ader könnten von den hier gezeigten ausgeprägten Reifegraden enttäuscht sein. Wer gehofft hat, sie würde auf die glitzernde Tanzfläche von „High Horse“ oder „Butterflies“ zurückkehren, wird ebenfalls enttäuscht. Hier gibt es nichts, was auch nur annähernd daran herankommt – obwohl der schwächste Titel hier, „Anime Eyes“, Texte über Einhörner und Regenbögen enthält. „Deeper Well“ ist kein Album, das auf sofortige Befriedigung aus ist. Stattdessen werden wir aufgefordert, mit so viel Anmut wie möglich einzuatmen, auszuatmen und die Luft aufzunehmen.

8.0