Wenn Zärtlichkeit zu Trümmern wird und Schmerz in Licht übergeht: SARAH MCLACHLAN’s AFTERGLOW zwischen Verlust, Eleganz und der Suche nach neuer Wahrhaftigkeit in einer makellos glatten Klangwelt.
Sechs Jahre nach „Surfacing“ erscheint „Afterglow“ wie ein Nachhall aus der Vergangenheit, gefangen zwischen Erinnerung und Wiederholung. Sarah McLachlan, einst Ikone des introspektiven Pop, bleibt ihrer Ästhetik treu: Pianoakkorde verharren im Halbdunkel, Gitarren flimmern wie Staubpartikel im Gegenlicht, ihre Stimme schwebt klar über allem, unnahbar und zugleich intim. Doch wo frühere Alben uns in Bewegung setzten, herrscht hier ein beinahe lähmender Stillstand. Die kanadische Sängerin, geprägt von Mutterschaft und Verlust, sucht in diesen zehn Stücken nach Klarheit, findet aber meist nur deren Schatten.
„Heaven bend to take my hand“ – die eröffnenden Zeilen von „Fallen“ geben den Ton vor. Schuld, Vergebung, Selbstzweifel, sie ziehen sich durch das gesamte Werk, das in seiner makellosen Produktion von Pierre Marchand kaum Raum für Risiko lässt. „World on Fire“ versucht, Weltschmerz zu fassen, bleibt jedoch im kalkulierten Pathos stecken. Wo die Gitarre von „Train Wreck“ für kurze Zeit ausbricht, zieht die Produktion sie sogleich zurück ins orchestrale Dämmerlicht. McLachlan’s Stimme bleibt über allem erhaben, doch gerade diese Perfektion macht das Album emotional unnahbar.
Auf dem Cover blickt sie leicht entrückt zur Seite, das Licht fällt silbern über Schulter und Haar, eine Pose zwischen Stärke und Selbstschutz. Diese Fotografie wird zum Schlüssel: „Afterglow“ zeigt eine Künstlerin, die in ihrem eigenen Ideal gefangen scheint. „Answer“ beschließt die Platte wie ein stilles Gebet – schön, gewiss, doch zu glatt, um wirklich zu verletzen. McLachlan bleibt eine Sängerin von großer Disziplin, ihr Werk von handwerklicher Eleganz. Nur fehlt „Afterglow“ das, was große Popalben unsterblich macht: Bruch, Widerspruch, Mut zum Chaos. Was bleibt, ist ein sorgfältig ausgeleuchteter Raum ohne Überraschung, ein ästhetisches Nachglühen, dem das Feuer ausgegangen ist.
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