Weyes Blood – The Innocents

Americana, VÖ: Oktober 2014
THE INNOCENTS ist ein seltenes melodisches und vokales Meisterwerk, das durch die Tiefen des Herzschmerzes bis hin zur ermächtigenden Entschlossenheit des menschlichen Geistes navigiert. Die wunderschön geformte melodische Prosa von WEYES BLOOD ergibt eine kraftvolle und zeitlose Aufnahme.

Ihr Debüt „The Outside Room“ aus dem Jahr 2011 war eine düstere Persiflage mittelalterlicher Folk-Einflüsse, die tief in strukturellem Ambiente vergraben war, wobei die zwei verschiedenen Seiten von Mering’s Muse um Raum konkurrierten und sich schließlich gegenseitig aufhoben. Das Nachfolgealbum „The Innocents“ schafft die perfekte Balance zwischen Mering’s höfischem Songwriting und verdrehten Noise-Wurzeln und tauscht das vergrabene Gefühl von „The Outside Room“ gegen einen klaren, düsteren Sound aus, der Mering’s Gesang und das UK-Folk inspirierte Songwriting an vorderster Front findet. Die Songs in ihrer stärksten Form sind umwerfend. Die fröhliche Single „Hang On“ verbindet mehrere Tracks mit harmonischem Gesang und einer dynamischen, kristallklaren Rhythmussektion.

Mering hat offenbar zwei Lieben, traditionellen Folk und Improvisationsgeräusche, die sie auf überraschende Weise kombiniert. Das Ergebnis ist eine äußerst schöne, unerschrocken eigenwillige Platte, die immer wieder von den Erwartungen abweicht. „Land of Broken Dream“ mit seinen regelmäßigen Mandolinen-Kadenzen, seinen ätherischen Diskanttönen, ist pure Folk-Berauschtheit – das heißt, bis wir das Heulen und Klappern synthetischer Klänge gerade unter seiner modalen Reinheit bemerken. „Some Winters“ mit seinen Liberace-ähnlichen Piano-Arpeggios, seinen engelsgleichen Chören aus Mering-Overdubs ist ein romantischer, ohnmächtiger Exzess, abgesehen von der Art und Weise, wie Klaviernoten in Verzerrungen ausarten. Dinge fallen immer wieder auseinander. Es gibt keinen festen Boden für „The Innocents“.

Das langsame Zupfen von Mering’s Gitarre in „Bad Magic“ wiegt jedes Wort, das ihren Mund verlässt, während sie den Tod mit Wahnsinn und melancholischem Eskapismus skizziert. Sogar zu der rauchigen Düsterkeit von „Requiem of Forgiveness“ gesellt sich schließlich ein Vocoder, der einem ansonsten furchteinflößenden Track einen Renaissance-Touch verleiht. Neben dem sanften, beständigen Klavier von Perfume Genius, das den Geist eines jungen Mannes vermittelt, leistet Weyes Blood ihren Beitrag zu einer starken Anwärterin im diesjährigen unbestreitbar reichen Stapel von Singer-Songwritern. Das meiste von „The Innocents“ hat eine seltene, überirdische Qualität. Aber ob sparsam oder üppig, freischwebend oder rhythmisch eindringlich, die Songs von Weyes Blood haben eine spirituelle Resonanz. Sie evozieren Leiden und Resilienz, die Gewissheit der Tradition und die beunruhigende Weite dessen, was niemand weiß.

8.1