Sons of Kemet – Black To The Future

Jazz, VÖ: Mai 2021
BLACK TO THE FUTURE, das vierte Album der SONS OF KEMET, erweitert die Klangkonzepte, die erstmals im Jahr 2018 aufgetaucht sind, offenbart eine subtile Entwicklung der Gruppe und lässt daraus eine der aufregendsten Jazz Veröffentlichungen des Jahres entstehen.

Ihre letzte Platte „Your Queen is a Reptile“ aus dem Jahr 2018 war eine Hommage an die schwarzen Matriarchen. Zusammen bildeten die Albumtitel eine Beschwörung, die bestimmte Königinnen der diasporischen schwarzen Geschichte ehrten. Ließt man nun die Titel von „Black To The Future“ nacheinander, lässt sich ein Psalm erkennen – ein Gebet oder ein Gebot der Widerstandsfähigkeit und Befreiung der Schwarzen. Wie bei ihrem Debüt „Burn“ von 2013 betrachten Sons of Kemet auch die Apokalypse als Reinigungsmöglichkeit und Neuanfang – jetzt jedoch mit direktem Blick auf die Rassengerechtigkeit. Eine passendere Jazzpolitik für 2021 ist kaum vorstellbar. 

Die gesprochenen Worte sind umfangreich und sollte es Zweifel an der Botschaft des Albums geben, so wird dieser von den Performance-Poeten, MCs und Rapper entfernt. Dazu gehören Chicago’s Angel Bat Dawid, Philadelphia’s Moor Mother und London’s MC D Double E, Kojey Radical und Joshua Idehen. Zu den instrumentalen Gästen zählen drei der jüngeren Stars der Londoner Szene: die Altsaxophonistin Cassie Kinoshi, der Trompeter Ife Ogunjobi und der Posaunist Nathaniel Cross. Ein weiteres besonders willkommenes Gesicht ist der wegweisende Tenorsaxophonist Steve Williamson. 

„Black to the Future“, das vierte Album der Band, erweitert damit die Klangkonzepte um ein Vielfaches und präsentiert 11 eindringliche Tracks, die alle ein angespanntes Gefühl für ein bevorstehendes, aber undefiniertes Etwas in sich tragen. In „Hustle“ gibt es Musik und Arrangements von Hutchings mit Texten von Kojey Radical und Lianne La Havas, die auch den Gesang liefern. „Born from the mud with the hustle inside me“, wiederholen sie unzählige Male, über einen Beat, der an die feurigere, experimentellere Seite des frühen Dancehall und Dub erinnert.

Angesichts der Tuba-Drums-Drums-Besetzung ist der Rhythmus für Sons Of Kemet von entscheidender Bedeutung. Sie machen Songs, die (fast) tanzbar sind, Musik, die eine Befreiung von Generationen des Leidens sucht, aber immer noch von ihrer Beharrlichkeit im modernen Leben geplagt ist. Auch ohne andere Stimmen, die auf „Black To The Future“ zu hören sind, bleiben Sons Of Kemet in der Lage, riffgetriebenen, eingängigen Jazz zu spielen, der sich in unsere Köpfe schlängelt, bevor er uns mit den dunkleren Strömungen konfrontiert, die durch ihn fließen. Gelegentlich ist das auch musikalisch zu sehen. Hutchings wirft ansteckende und direkte Hinweise in den Raum, dreht sich dann aber um und führt uns an viel meditativere oder verwundbarere Orte. 

Einer der hinterhältigsten Momente auf dem Album spielt sich in „Let The Circle Be Broken“ ab, als ein zugänglicher Funk plötzlich zusammenbricht, während Hutchings’ Saxophon zu stottern und zu würgen beginnt und die Worte nicht mehr herausbekommt. Am Ende kehren wir wieder zu den Ursprüngen des Albums zurück. Es ist ein bloßer Moment, ein reinigender, roher und erschöpfter Schmerz. „You already have the world, just leave Black be“, fleht Idehen verzweifelt in den letzten Momenten des Albums. „Just leave us alone!“

9.1