Okkervil River – I Am Very Far

Indie Rock, VÖ: Mai 2011

Schwere Geschütze werden aufgefahren, Will Sheff geht in die Vollen – und Gefangene werden nicht gemacht. Mit dem sechsten Album seiner Band Okkervil River befreit sich Mastermind und Frontmann Sheff noch weiter als bisher aus dem engen Korsett namens Americana und weitet seine Kunst in alle Richtungen aus. Streicher, Kesselpauken, Tuba und Fagott – beinahe manisch werden auf ‚ I am very far“´‘ Tonspur auf Tonspur geschichtet, groß und immer größer werden die Songs. Das hätte auch schief gehen können. Doch Sheff verliert bei diesen elf überbordenden Stücken nur äußerst selten den Überblick, was für seine Songwriter-Qualitäten spricht. Drei Jahre liegt das letzte Werk ‚ The Stand Ins ‚ bereits zurück, doch untätig war Will Sheff in dieser Zeit wahrlich nicht. Er sang mit den New Pornographers, schrieb einen Song für Norah Jones und assistierte der Texas-Legende Roky Erickson beim gemeinsamen Album ‚ True Love Cast Out All Evil ‚.

Nachvollziehbar, dass sich Sheff danach sowohl „entleert als auch inspiriert“ fühlte. So traf sich die Band über längere Zeit zu kurzen Sessions, immer an einem anderen Ort, immer mit anderen Aufnahmemethoden. Das stampfende ‚ White Shadow Waltz ‚ entspringt einem Demo des Frontmannes, über das sich die Band nach Herzenslust austoben konnte. Das langsam vor sich hin schaukelnde, dann explodierende ‚ Show Yourself ‚ dagegen entspringt einer improvisierten Session und wurde in der Folgezeit immer wieder neu strukturiert und umgearbeitet. Bei Songs wie ‚ Rider ‚ und ‚ Wake And Be Fine ‚ versammelte Sheff angeblich zwei Schlagzeuger, zwei Pianisten, zwei Bassisten und sage und schreibe sieben Gitarristen. „Think big“ nennt man das wohl. Mitreißend, überwältigend und monolithisch sollten die Songs werden, was über weite Strecken äußerst gut gelang. Dies macht das Album – im Vergleich zum Vorgänger, wo die Songs schon beim ersten Mal zum mitpfeifen einluden – nicht gerade eingängiger, wohl aber fordernder und interessanter.

7.0