Liars – Sisterworld

ExperimentalIndie RockRock, VÖ: März 2010

Es gab im August vor drei Jahren einen Neuanfang im Sound der Liars. Man hörte das erste Mal geordnete Melodien, Refrains und eingängige Passagen. ‚ Plaster Casts Of Everything ‚ hämmerte auf dem gleichnamigen Werk unglaublich eintönige Riffs in unsere Gehörgänge, paarte diese mit hymnischen Refrains und stürzte uns am Ende der knappen vier Minuten in einen stilistischen Bruch, der unzählige alternative Wege für die restlichen Songs offenbarte. Dazu fanden sich zwei wunderschöne Stücke mit ‚ Sailing To Byzantium ‚ und dem abschließenden ‚ Protection ‚, die einen kalten Schauer über unsere Körper zauberten. Sanft und beruhigend durch veregnete Sommertage schritten, mit unbekannten Ziel und einen Kopf voller ungeordneter Gedanken. Ja die Liars haben sich, wenn man es so ausdrücken will, damit eine eigene Schublade im großen Musikgeschäft erspielt. Schon damals war es eigentlich kaum zu überbieten, die Stimmung einzigartig, die Sounds pyschedelisch, neuartig, befremdlich und trotzdem: Nach diesen knappen drei Jahren kann man sagen, die neue Platte ‚ Sisterworld ‚ überrascht im positiven Sinn noch mehr als Ihr Vorgänger.

Die Liars greifen auf Ihrer neuen Platte einige Sounds und Ideen vergangener Tage neu auf, vertiefen sich aber insgesamt mehr darin. ‚ Sisterworld ‚ ist ein derangierter Ort, offenbart den grassierenden Verfall der Städte, in denen zu viele Menschen, zu viele Autos und zu viele Gebäude gegeneinander reiben. Die Liars verwenden dabei Ihr gesamtes Spektrum der Angst und Paranoia, vermischen diese mit feurigen und verträumten Seiten in unvorhersehbarer Weise. ‚ Scissor ‚ ist der Opener und beginnt mit traurigen Chor-Gesängen, einem Fagott, Klavier und schnappt dann plötzlich von hinten in unseren Hals. Andrew singt dabei über die Suche nach einer verletzten Frau, die er auf einen Parkplatz stehen sieht und es bleibt dabei bis zum Ende unklar, ob er Ihr am Ende weh tut, oder versucht Sie zu retten. Und genau diese Verwirrung ist der Schlüssel zu ‚ Sisterworld ‚. Auch die Gebiete entfliehen einem abstrakten Geist, der sich besonders in ‚ Comes All The People ‚ in schwindelerregende Melodien spielt, während sich leise der schale Geruch von Klaustrophobie in unseren Adern ausbreitet.

Somit gibt es auch verdammt viel auf ‚ Sisterworld ‚ zu entdecken. Spannend gestalten sich dabei von Anfang bis Ende die Themen, die wie auch in ‚ Scarecrows On A Killer Slant ‚, mit mörderischen Absichten und blutigen Äxten nach uns werfen. „“We should take the creeps outat night…nail their thoughts to the wall…and then kill them all“ ertönt es dunkel aus den unerforschten Ecken und man spürt die Wut dahinter, die schleichende Unsicherheit, die sich langsam wie ein parasitischer Wurm in unsere Eingeweide frisst. Man will aufstehen, doch dafür ist die androhende Brutalität auf ‚ Sisterworld ‚ einfach zu süß. Deshalb bleibt das Album trotz seiner explosiven Momente ein überraschend feines Werk, dem man mit Respekt begegnen und sich gut überlegen sollte, ob man den Gesichtern auf der anderen Seite der Straße wirklich in die Augen blicken möchte.

8.6