Twin Atlantic – Power

RockSynth Pop, VÖ: Januar 2020

Manchmal kann eine Veränderung gut sein – zumindest haben Twin Atlantic darauf gehofft. Das in Glasgow ansässige Outfit löste sich von seinem jahrzehntelangen Vertrag mit Red Bull Records und mit ein wenig Ermutigung von Produzent Jacknife Lee (The Killers, U2) zog die Band in ein eigenes Studio, bevor es sein neuestes Album veröffentlichte. Diese Entscheidung würde einen Künstler normalerweise in Gefahr bringen. Diesmal schien es jedoch eine Lizenz für künstlerische Freiheit zu geben, eine Chance, die Flügel zu strecken und ihrer Palette einen neuen Anstrich zu verleihen. Damit haben sie die volle Kontrolle darüber, was als nächstes in ihrer Geschichte passiert. Nachdem sie sich entschieden hatten, alleine zu spielen, verwandelten sie den Proberaum in Glasgow, den sie in den letzten zehn Jahren genutzt hatten, in einen legitimen Aufnahmeraum, in dem sie anfingen, Songs zu schreiben, die von jeglichen äußeren Erwartungen befreit waren. 

 

Aus diesen Sessions heraus ist „Power“ entstanden: 10 Tracks, die mit Abstand das seltsamste, kühnste und – ja – mächtigste Material sind, auf das die Gruppe ihren Namen gesetzt hat. Schon von den ersten Momenten des eröffnenden „Oh! Euphoria!“ an, ist es offensichtlich, dass diese Band nicht nur belebt wurde – sie haben ihren alten Sound so gut wie abgerissen und in einem ganz anderen Gebiet neu begonnen. Starkes Keuchen, pochende Synths und Sam McTrusty’s verzerrter Falsett-Gesang öffnen die Tür für einen Song, der mehr Space-Age-Electro-Rock bietet, als wie wir es bisher von der Rockgruppe gewohnt waren. Die Ergebnisse dieses stilistischen Wandels sind oftmals unterhaltsam und neu, wenn nicht sogar stark einnehmend. Zudem erwarten uns zwei Zwischenspiele – eines mit ohrenbetäubender Verzerrung und eines mit durchscheinendem Klavier – weiterer Beweis dafür, dass die Band den Drang verspürt, außerhalb ihres stadionreifen Klangs zu experimentieren. 

„Power“ kann sich aber auch banal anfühlen: Die Macher sind eindeutig nicht bereit, ihre Hyperzugänglichkeit zu vernachlässigen, und die Vielzahl interessanter Macken verbergen sich manchmal hinter kopfschmerzauslösenden Eingängigkeiten. „Barcelona“ – ein lyrisch dichter und seltsamer Track mit knirschenden Gitarrensounds, der auf halbem Weg von einem unnötig einfachen Refrain überflutet wird – ist der schlimmste Übeltäter. „Power“ ist im Gesamten vielleicht nicht so lebendig wie frühere Veröffentlichungen von Twin Atlantic, aber immer noch eine solide Platte, die auf potentiell aufregende neue Zeiten hindeutet.

6.7