MARY HALVORSON’s ABOUT GHOSTS entfaltet ein vielstimmiges Klanggemälde zwischen vibrierender Ensemblekraft, geisterhaftem Flirren und jazziger Farbpoesie.
Geister können viele Formen annehmen. Manche klingen wie metallisch vibrierende Erinnerungen, andere wie ein schräg gezupftes Gitarrenintervall, das sich weigert, in Harmonie zu fallen. In Mary Halvorson’s neuem Album „About Ghosts“ – aufgenommen im New Yorker Sear Sound Studio und produziert von John Dieterich – spukt es von solchen Klanggestalten. Die Gitarristin und Komponistin, bekannt für ihre genreverschiebenden Werke zwischen Free Jazz und Kammermusik, hat ihr Amaryllis-Ensemble um zwei expressive Stimmen erweitert: Immanuel Wilkins am Altsaxophon und Brian Settles am Tenor. Und so klingt das Album, als hätte jemand ein Kaleidoskop geschüttelt – und dabei Erinnerungen, Farben und Fragment-Melodien durcheinandergewirbelt.
„Full of Neon“ eröffnet das Album mit vibrierendem Drive: Blech, Schlagzeug, Bass und Patricia Brennan am Vibraphon werfen sich funkelnde Signale zu, während Halvorson sich klanglich einmischt – nie dominant, immer formend. In „Carved From“ übernimmt ihre Gitarre kurz das Steuer und versetzt das Stück in einen tranceartigen Zustand, als würde man durch eine alte Fotografie gleiten, deren Farben verlaufen. Besonders eindrücklich: das kurze „Polyhedral“, eine fast skizzenhafte Meditation über Form und Bewegung, die sich wie ein gezeichneter Lichtreflex anfühlt – so wie das Cover selbst. Und dann: „About Ghosts“, der Titelsong. Hier scheint alles kurz still zu stehen.
Halvorson’s Gitarrenlinien gleiten über zarte Vibraphonflächen, während das Ensemble wie ein leiser Chor im Hintergrund summt. Es ist, als höre man den Nachhall nicht gespielter Noten. Die Farben auf dem Cover – fließendes Violett, irisierendes Türkis, aufleuchtendes Kupfer – spiegeln sich in der Musik, die nicht greifbar ist, aber berührt. Es sind klanggewordene Schemen, Erinnerungsspuren, musikalische Zwischenwelten. Mit „About Ghosts“ hat Mary Halvorson ein Album geschaffen, das weniger Fragen beantwortet als stellt. Es lädt zum Verweilen ein – zwischen den Noten, in der Schwebe, im Unerklärlichen. Und vielleicht sind das die schönsten Geister: die, die sich nicht bannen lassen.
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