
LAURA-MARY CARTER entzieht sich dem Rockschema: BYE BYE JACKIE als düster-melodisches Solo-Debüt zwischen Herzschmerz, Retro-Pop und filmischer Intimität.
Laura-Mary Carter, lange Zeit eine Hälfte der Blood Red Shoes, hat sich mit „Bye Bye Jackie“ endgültig von ihrem bisherigen Image gelöst. Wo früher wuchtige Gitarren und das energiegeladene Zusammenspiel mit Steven Ansell dominierten, entfaltet sich nun eine intime Klangwelt, die mehr an Americana, Retro-Pop und 60s-Girl-Group-Melodien erinnert als an die kantige Rock-Attitüde ihrer Band. Entstanden sind die Stücke in Hotelzimmern, auf Tour und in einem analogen Studio in Hackney, wo Carter gemeinsam mit Oscar Robertson und David Bardon eine fragile wie eigenwillige Klangarchitektur entwarf. Der Einsatz von Mellotron, Farfisa-Orgel und Lap-Steel-Gitarre erzeugt eine Atmosphäre, die zwischen Traum und Ernüchterung schwankt, während die Stimme Carter’s mal verhallt, mal ungeschönt im Vordergrund steht.
Der Einstieg mit „Sometimes I Fail“ legt den Ton des Albums fest: Zeilen wie „Sometimes I fail to explain / What’s going on in my brain“ fassen das Grundthema von Verunsicherung und Verlust zusammen. In „Four Letter Words“ verschluckt sich Carter beinahe an nicht ausgesprochenen Wahrheiten, während „Keep Sweet“ einen bitteren Blick auf weibliche Rollenzwänge wirft. „June Gloom“, verstärkt durch IDLES-Gitarrist Lee Kiernan, bricht mit brodelnder Energie in die melancholische Grundstimmung ein, ein Moment, der zeigt, wie Carter mit Dynamik arbeitet, ohne je ins Plakative zu kippen. Stücke wie „Elvis Widow“ oder „Comets“ verstärken das Gefühl einer Sängerin, die ihre Verletzlichkeit nicht versteckt, sondern in poetische Bilder gießt. Das Cover – weiße Blütenbuchstaben, die „Bye Bye Jackie“ buchstabieren, vor einem schwer fallenden lilafarbenen Vorhang – wirkt wie ein ironisches Trauerarrangement, gleichzeitig Grabbeilage und Pop-Ikone.
Die künstliche Eleganz der Blumengirlanden spiegelt die Stimmung der Songs wider, die zwischen echter Verletzung und artifizieller Distanz changieren. So wird das visuelle Bild zum Sinnbild für die Platte: ein Abschied, inszeniert wie eine letzte Aufführung, doch getragen von echtem Schmerz. „Bye Bye Jackie“ ist kein makelloses Album, aber ein bemerkenswert ehrliches. Es zeigt Laura-Mary Carter als Künstlerin im Aufbruch, die wagt, ihre Stimme ungeschminkt zu präsentieren, und die eigene Geschichte in ein cineastisches Setting übersetzt, das lange nachhallt.
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