ALMA – Have U Seen Her?

PopR&B, VÖ: Mai 2020
Wenn die erste Hälfte des Albums HAVE U SEEN HER? von ALMA rücksichtslosen Spaß propagiert, untersucht die zweite diese treibende Frivolität eingehender.

Alma-Sofia Miettinen wurde als Finnland’s nächste große Pop-Hoffnung bezeichnet. Die 23-jährige Künstlerin, die 2013 in der TV-Talentshow Idols berühmt wurde, hat sich aber seitdem größeren Dingen zugewandt und umfangreiche Kontakte geknüpft, dazu zählen auch Co-Songwritings für Ariana Grande und Miley Cyrus. Für Ihr Debütalbum „Have You Seen Her?“ hat ALMA einige ihrer bestens Songs gemacht, egal ob sie ihren Partygirl-Status in „Nightmare“, „Bad News Baby“ und „Worst Behaviour“ annimmt, sich mit falschen Freunden in „LA Money“ befasst, oder der neue Ruhm sie in „King Of The Castle“ ermüdet. Zuvor versteckte sie sich wie bei „Chasing Highs“ mehr hinter einem formelhaften, tropischen Pop-House, das Love Island mit banalen Texten über Dancefloor-Romantik vertonen konnte. 

„Have U Seen Her?“ erforscht stattdessen eine dunklere Stimmung und ist vollgepackt mit unwiderstehlichen Pop-Hooks, Trap-Beats, gruseligen Synthesizern und melodischen R&B-Jam-Songs – und das alles mit zutiefst persönlichen Geschichten im Kern. In „Worst Behaviour“ mit dem schwedischen Pop-Kraftpaket Tove Lo, legt ALMA Dinge offen auf den Tisch: “I don’t really care what you think of me… You don’t need to judge how I blow off steam”. Ihre hedonistische Haltung spiegelt sich darin wider, dass sie Breakbeats und Partyrufe einfach überspringt: “If you wanna go – then go hard”. Die Entscheidung, das Album amüsant, aber auch aufrichtig zu gestalten, war eine kluge Entscheidung, und die bewundernswerte Eigenschaft von Ehrlichkeit verdient definitiv Lob. 

Ein weiteres Highlight des Albums ist der Abschluss. „Final Fantasy“ spielt sich wie ein bittersüßes Schlaflied ab – komplett mit E-Gitarren und Texten wie “you’ve got a pretty heart, a pretty face, don’t waste it on me”. Der Track wird mit ziemlicher Sicherheit noch lange nach seinem Ende in unseren Ohren klingeln – aus den besten Gründen. „Have U Seen Her?“ ist insgesamt ein beeindruckendes erstes Album und Alma’s Verständnis für Pop-Algorithmen ist beneidenswert. Ihre Zukunft in diesem Genre sieht sicherlich so strahlend aus wie ihre Haare es tun.

 

8.3