Whitney Houston – Just Whitney

Classic AlbumsPopR&B, VÖ: November 2002
Das fünfte Album von WHITNEY HOUSTON zeigt ein virtuelles Who-is-Who im Studio, wobei Babyface, Missy Elliott und Kevin Briggs die meisten Produktionsaufgaben übernahmen.

Mitte der 1960er Jahre erkannten Künstler, dass Rockmusik eine äußerst effiziente reaktive Kunstform sein könnte. Wenn etwas passierte, mit dem Sie nicht einverstanden waren, konnten Sie so schnell einen Protestsong schreiben, aufnehmen und veröffentlichen, dass er die Ereignisse praktisch kommentierte, während sie sich ereigneten. Heute sind Rock und Pop immer noch reaktiv, aber die Musik hat nachgelassen. Stars veröffentlichen Platten, in denen sie nicht das Weltgeschehen kommentieren, sondern ihre eigene schlechte Publicity. Aber nur wenige Künstlerkarrieren waren so von negativer Publicity betroffen wie die von Whitney Houston. Der Platz reicht nicht aus, um alle bizarren und verstörenden Geschichten aufzuzählen, die in den letzten Jahren über die Sängerin kursierten. 

Es gab Hinweise auf Missbrauch in der Ehe, Drogenprobleme und psychische Erkrankungen. Im Jahr 2000 wurde sie von der Oscar-Verleihung ausgeschlossen, weil sie den Text vergaß, abgelenkt summte und bei den Proben auf einem imaginären Klavier spielte. Während eines Interviews mit einem US-Magazin tauchte das imaginäre Klavier erneut auf, wobei Houston ebenfalls Schwierigkeiten hatte, die Augen offen zu halten. Als sie letztes Jahr bei der zweiten Feier zum 30-jährigen Jubiläum von Michael Jackson nicht erschien, war ihre Plattenfirma gezwungen, eine formelle Erklärung abzugeben, in der sie den Tod Houston’s bestritt.

„Just Whitney“ ist eindeutig als Reaktion auf die Art und Weise gedacht, wie ihr öffentliches Image außer Kontrolle geraten ist. Die erste Single „Whatchulookinat“ bietet die übliche reaktive Songverteidigung Nummer eins: Die Presse erfindet alles. Man muss ihr zugute halten, dass Houston eine bravouröse Leistung abliefert. An anderer Stelle wartet „Tell Me No“ mit der üblichen reaktiven Songverteidigung Nummer zwei auf: Schattenkräfte versuchen aus ungeklärten Gründen, Houston daran zu hindern, „reachin‘ for my dreams“. „My Love“ schleppt ihren Mann ins Studio, um zu suggerieren, dass sich Bobby Brown weit entfernt von dem drogenabhängigen Desaster befindet, für das er allgemein steht.

Abgesehen von den spacigen, deprimierten „Things You Say“ macht „Just Whitney“ einen musikalischen Schritt zurück. „Love That Man“ beschwört den Crossover-Pop-Soul von „I Wanna Dance with Somebody“ und „Tell Me No“ endet mit einem ausgelassenen Rockgitarrensolo. Wie Jackson’s „Invincible“ tut „Just Whitney“ alles in ihrer Macht stehende, um zu suggerieren, dass mit der Künstlerin dahinter alles normal ist. Sogar ein ansonsten harmloses Duett mit Brown wird präsentiert, als ob die beiden gegen die Welt antreten würden. Das Schlimmste ist, dass es niemanden zu geben scheint, der Whitney kontrolliert und sie davon abhält, sich schlechten Ideen hinzugeben. Und so zeigt es nur eine Künstlerin, die vergeblich versucht, nach ihrer einstigen Zukunft zu streben.

5.0