Susanne Sundfør – Blómi

ExperimentalFolk, VÖ: Mai 2023
Insgesamt scheint SUSANNE SUNDFØR ihre Welt so zu interpretieren, wie sie jetzt ist. Wie bei jedem ihrer Alben ist das vielschichtige BLÓMI anders als alles, was sie zuvor gemacht hat. Ebenso ist es ein weiteres wegweisendes Album dieser entschieden unvergleichlichen, einzigartigen Künstlerin.

Fünf Jahre nachdem Susanne Sundfør ihre Karriere mit dem Folk-inspirierten, emotional aufbrausenden Album „Music for People In Trouble“ neu definiert hat, taucht die norwegische Musikerin, Künstlerin und Produzentin noch tiefer in ihre persönliche Mythologie über das seelentragende „Blómi“ ein. “I want this album to be an antidote to the darkness that dominates our culture today. I want to show that there’s another way to see reality, if one dares to take the leap of hoping for a more beautiful world.” Sundfør schrieb „Blómi“, dass auf Nordisch „blühen“ bedeutet, vor allem als Liebesbrief an ihre kleine Tochter, als Botschaft an ein kostbares neues Leben, das in eine instabile Welt eintritt. Im Titeltrack, der um ein üppiges, treibendes Klavierarrangement und hautprickelnde Saxophone verankert ist, gibt Susanne ihrer Tochter all ihre Weisheit weiter und drängt sie, ihre Worte mit ihr durchs Leben zu nehmen. 

Indem sie ihre Texte mit Hinweisen auf nordische Sprache und Mythologie paart, greift Susanne auf indigene nordische Kulturen zurück, die matrilineare Gesellschaften bauten und göttliche weibliche Gottheiten verehrten. Diese Wurzeln, diese Weitergabe von der Mutter an das Kind, bilden den Kern der Musik auf „Blómi“. Ein ganzer Track, das schlängelnde und perkussive „Ṣānnu Yārru Lī“, basiert auf einem erotischen minoisch-kretischen Text, der von ihrem Linguisten-Großvater Kjell Aartun ins Altnordische übersetzt wurde und neben der Künstlerin als junges Mädchen auf dem Cover des Albums zu sehen ist. Die Überraschungen gehen mit „Leikara Ijo​́​ð“ weiter, einem erhebenden, Gospel-inspirierten Rave-Up, das Naturgeräusche, einen mehrspurigen Sundfør-Chor und eine beruhigende Hardanger-Geige-Coda enthält. 

Das mitreißende „Aljoscha“ dient als ergreifendes Herzstück und vergleicht den angeborenen Optimismus ihres Mannes mit dem von Dostojewski’s zentraler Figur in „Die Brüder Karamasow“. Das Album wird von zwei skurrilen Soundcollagen flankiert, die Dialoge von einem spirituellen Heiler, einem Freund von Sundfør, enthalten und die filmische Struktur der Platte weiter betonen. Während Susanne’s frühere Alben wie „Ten Love Songs“ und „The Brothel“ sie als einzigartige Stimme in der modernen Musikgeschichte Norwegens etablierten, ist „Blómi“ ein ausgesprochen mutiger evolutionärer Sprung. Mit seinen 10 fachmännisch gestalteten Tracks exquisiten Songwritings repräsentiert „Blómi“ ein komplexes und lohnendes neues Kapitel in der etablierten Karriere einer visionären Künstlerin.

8.6