Cherry Glazerr – Stuffed & Ready

Indie Rock, VÖ: Februar 2019
Indem CHERRY GLAZERR den Fokus nach innen richten, schwingt Creevy’s Gewissenssuche mit und hinterlässt einen größeren Eindruck als alles, was sie zuvor gemacht haben.

Clementine Creevy hatte schon immer eine verspielte Ader. Mit 15 nahm sie ihre ersten Songs unter dem Namen ClemButt auf, und ihr aktuelles Ensemble, das Los Angeles-Trio Cherry Glazerr, erlangte auf ihrer 2013 erschienenen EP „Papa Cremp“ mit einer distanzierten Miniatur-Ode an gegrillten Käse Berühmtheit. Mit „Stuffed & Ready“ wurde Creevy’s charakteristische Respektlosigkeit in beißende Verzweiflung umgewandelt. Das Album wütet gegen eine feindselige, frauenfeindliche Welt und richtet sein Gift dann nach innen. Diese Wut wird zum Funktionsprinzip von „Stuffed & Ready“, dem bisher ausgereiftesten und komplexesten Album von Cherry Glazerr. Der Eröffnungstrack „Ohio“ ist ein Barometer für die darauf folgende Wildheit, während ein kurzes Lo-Fi-Vorspiel in treibenden Gitarrenlärm zerfällt.

In der Tradition der entflammten Schutzheiligen vor ihr wie PJ Harvey hält Creevy ihre Themen breit und ihre Wut spezifisch. Die provokativste und eindringlichste Single des Albums ist voller Sarkasmus und ein Beweis für diese vernichtende Haltung. Während der leichten BDSM-Melodie „Daddi“ fragt Creevy mit leerer Ironie: „Where should I go, daddi?/What should I say?/Where should I go?/Is it OK with you?“ In ihrem Ton liegt etwas Schlüpfriges, als stünden wir alle hier und halten uns an den Titten, bis das Patriarchat uns einen Befehl erteilt. Im letzten Satz des Songs wimmert Creevy: „Smoking make me taste like metal/To keep you away.“ Sie ist selbstbewusst, aber das hat ihren Preis. „Stuffed & Ready“ tanzt oft diesen Tango des Selbstzweifels und stellt die Unsicherheit bloß, um dann am Eingeständnis zu zweifeln.

Der DIY-Geist, der sich als die lautesten Teenager von LA einen Namen gemacht hat, brodelt leise, aber diese Songs sind weit von diesen chaotischen frühen Veröffentlichungen entfernt. Stattdessen ist es sowohl textlich als auch musikalisch ihr ausgereiftestes und maßvollstes Album. Würde „Ohio“ Jahrzehnte früher veröffentlicht, wäre es wahrscheinlich ein Rock-Radio-Schwergewicht, dessen Geist in einigen der entfesseltesten Momente von Hole verwurzelt wäre. Sonic Youth und Pixies erkennt man im Highlight der zweiten Hälfte „Stupid Fish“, wo Creevy einmal mehr zugibt, dass sie nicht alle Antworten hat: „I don’t want to try to pretend, like I know what’s happening / I’m a stupid fish and so are you.“

8.5