Arcade Fire – The Suburbs

Indie Rock, VÖ: August 2010
Indem der anklagende Standpunkt von Neon Bible fallen gelassen wird, übermittelt THE SUBURBS von ARCADE FIRE eine lebensbejahende Botschaft, die der von Funeral ähnelt: Wir stecken alle zusammen drin.

Als typischer Deutscher, der auch wir manchmal einer sind, geben wir uns mit ausgezeichneten Tracks erst zufrieden, wenn auch der letzte Takt endgültig in den tiefen Weiten des Universums verklungen ist. Dazwischen freut man sich zwar die Höhen perfekter Musik genießen zu dürfen, doch die Erwartungen auf eine Abflachung zu treffen, können dadurch meist auch nicht gemindert werden. Aber Arcade Fire sind so erfahren um zu wissen, wie man in eine Platte starten muss, man nehme eine phantastische Single und platziere Sie an erster Stelle. „The Suburbs“ überzeugt dementsprechend auf kompletter Länge, nimmt dessen gefühlte Spielzeit durch wunderschöne Melodien und dem berühmten Gesang von Win Butler.

„Rococo“ besticht nach dem Titeltrack wieder mit verspielten Arrangements und drängt damit auch die lautstarken Gitarren der Anfangsphase bestimmend, wenngleich äußerst sanftmütig, in den Hintergrund zurück. Das temporeiche Stück „Empty Room“ versteht dagegen beide Aspekte auf herrliche Art und Weise miteinander zu verbinden und kreiert zugleich ein weitläufiges Klangspektrum, in der die süß-klingende Stimme von Régine Chassagne wie der Hilferuf einer verzauberten Prinzessin erklingt. Ja es mag als Kitsch abgetan werden, wenn beeinflusste Gedanken Ihre Wege gehen, aber ein wenig an den geistigen Abnormalitäten sind auch die folgenden Minuten Schuld, die zu beliebig und unscheinbar an uns vorüberziehen. 

Erst „Half Light I“ marschiert bedächtig durch rauchende Melancholie-Wolken und zersprengt diese mit dem Einsetzen der Geigen, vollkommen unbeirrt in farbenprächtige Kolorierungen. „Suburban War“ öffnet Fenster, wirft einen Blick auf das unverwässerte Songwriting und erinnert sich an die vielen lyrischen Einfälle, die hauptsächlich durch einen besonders inspirierenden Lehrer von Win Butler ausgelöst wurden. Auch finden sich weitere Aspekte wie die hallenden Gitarren, mit Erinnerungen an die damaligen Stone Roses. „Month Of May“ ist die B-Seite zu der 12″ „The Suburbs“ und fühlt sich dabei mehr nach einer Verwechslung an, als ein fester Bestandteil des Albums. Dennoch überzeugt der Track durch den unerwarteten und polierten Punk Rock und übersteigt dabei ästhetische Robot-Rock-Merkmale der Queens Of The Stone Age und den festschnürenden Riffs der Ramones.

„Wasted Hours“ folgt im Anschluss und projiziert wieder die friedvollen Gedanken in unsere Köpfe zurück. Zugleich könnte der Titel auch als Witz erscheinen, wenngleich es im Angesicht von Arcade Fire sehr unwahrscheinlich sein dürfte. Immerhin hatte die Band erst nach vier Jahren harte Arbeit, das erste Mal Ende 2008, Zeit für die wohlverdiente Erholung. Insgesamt überzeugt „The Suburbs“ mit einer festen inneren Konsistenz, wenngleich die herausstechenden Highlights, wie auf „Funeral“ aus dem Jahr 2005, nicht mehr gegeben sind. Am Ehesten erreicht diesen Status noch „Sprawl II (Mountains Beyond Mountains)“ mit bittersüßen Synths und dem kalten, wie sehr erfrischenden Sprung in die 80er Jahre. Arcade Fire präsentieren am Ende ein überzeugendes Gesamtkunstwerk mit einigen Langläufern, aber einer unglaublich eindringlichen Intensität, die man auf den vorherigen Werken in dieser Form nicht finden konnte.

7.1