SIR CHLOE liefert mit PARTY FAVORS ein kompromissloses Indie-Rock-Debüt voller scharfer Kanten, ironischer Gesten und einer Stimme, die zwischen Verletzlichkeit und Wut changiert.
Als Dana Foote Sir Chloe 2017 zunächst für ein College-Projekt gründete, war noch nicht absehbar, dass wenige Jahre später Millionen junger Hörerinnen auf TikTok zu Songs wie „Michelle“ ihre eigenen kleinen Dramen inszenieren würden. Mit „Party Favors“ bündelt die Band all das, was zuvor in Fragmenten viral ging: pointierte Gitarrenriffs, Texte voller Spott und Sehnsucht, ein Spiel mit Nähe und Abgrenzung. Schon der Opener „Squaring Up“ stellt die Haltung klar: „Show me what you’re made of ‘cause I’m squaring up“ – eine Kampfansage gegen ungebetene Avancen, getragen von treibendem Rhythmus und scharfkantigen Akkorden.
Die Stärke dieser EP liegt in ihrer Vielstimmigkeit. „July“ wechselt zwischen euphorischer Erinnerung und schmerzlichem Abschied, ein Song, der wie ein flackerndes Sommerlicht wirkt und doch von Verlust erzählt. Mit „Animal“ hatte die Band 2019 erstmals große Aufmerksamkeit erlangt. Der Song eskaliert von zurückgenommenen Vocals bis zu eruptiven Schreien, während Foote bekennt: „Make me behave like an animal“ – ein Ausbruch gegen gesellschaftliche Erwartungen, zugleich roh und poetisch. Ruhigere Momente finden sich in „Untie You“ und „Easy on You“. Hier tritt die Gitarrenarbeit in den Vordergrund, getragen von einer unterschwelligen Angst, jemanden unwiderruflich zu verlieren.
In „Wrath“, Foote zufolge ihr Favorit live, kulminiert das Konzept: ein zurückhaltendes Intro, das sich zu einem kathartischen Finale steigert. Dass Sir Chloe dabei nie in Larmoyanz kippen, liegt an der ironischen Brechung, etwa in „Too Close“, wo Zeilen wie „fragile like I’ve never seen / you’re pretty when you do not speak“ jede Sentimentalität zerreißen. Das Cover verstärkt diese Ambivalenz. Gezeichnete Beine in weißen Socken mit roter Aufschrift „Party Favors“, dazu Mary-Janes, die in einer rosigen Lache stehen. Harmlosigkeit trifft auf subtile Gewalt, Nostalgie auf groteske Überspitzung. So wie die Songs auf dieser EP Kindlichkeit und Abwehr, Lust und Distanz verhandeln, verwandelt das Cover das Banale in ein scharfes Bild gesellschaftlicher Erwartungen.
Mit „Party Favors“ gelingt Sir Chloe ein Debüt, das sich zwischen Grunge, Indie und Post-Punk bewegt, stets getrieben von einer Stimme, die zerbrechlich klingen kann und im nächsten Moment zur Attacke ansetzt. Die EP zeigt, wie aus einem Studienprojekt ein Projekt mit echtem Gewicht werden kann – voller Zitatkraft, voller Widersprüche, die in der Wiederholung nur stärker wirken.
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