PICTURE PARLOUR entfalten auf ihrem Debüt ein raues Panorama aus Erinnerungen, Eigensinn, ritueller Rockenergie. Die Songs glühen und beißen, zugleich erklingt immer wieder ein fragiles Leuchten. Ein Album, das seine Vergangenheit kennt, sich aber nicht von ihr fesseln lässt.
Picture Parlour treten auf „The Parlour“ mit einer Selbstverständlichkeit auf, die irritiert, weil sie aus einer bewegten Vorgeschichte erwachsen ist. Der Weg vom ersten Auftritt im Windmill Brixton bis zur Aufnahme in Nashville verlief ohne Abkürzungen, begleitet von Gesprächen über angebliche Hintergründe und falsche Zuschreibungen. Katherine Parlour und Ella Risi entwickelten ihre Handschrift im engen Radius kleiner Bühnen, bevor die öffentliche Aufmerksamkeit sie einholte. Die Single „Norwegian Wood“ war ein Wendepunkt, kein veredelter Startschuss, sondern eine Spurensetzung, deren Nachhall sie nun neu deuten. Das Cover des Albums zeigt zwei Figuren auf einem kargen Gelände vor einer hellen Fläche, eine Art Freiluftbühne ohne Publikum. Diese Komposition öffnet einen Raum, in dem Begegnung und Distanz ineinander übergehen, ein Motiv, das die innere Spannung der Songs immer wieder aufgreift.
„Cielo Drive“ legt diese Spannung offen. Der Text formuliert familiäre Brüche und Unsicherheiten, die Stimme presst sich durch jede Zeile. Die Gitarren arbeiten mit scharfkantigen Linien, die an die rohe Energie der frühen Livephase erinnern. „Who’s There To Love Without You“ hebt dieses Temperament an, erreicht jedoch nicht überall die gleiche Schärfe. Stellenweise entsteht der Eindruck, die Band wolle ihre Referenzen stärker behaupten als ihre eigene Richtung. Dieser Eindruck prägt auch den Mittelteil des Albums. „24 Hr Open“ präsentiert eine grungige Fassung ihrer Ästhetik, mit Momenten, in denen die Intensität eher eingeübt als zwingend wirkt. Einen eindrucksvollen Gegenpol bildet „Used To Be Your Girlfriend“. Der Song öffnet das emotionale Zentrum des Albums, getragen von einer Melodie, die mit lakonischer Klarheit schwingt. Die Zeile „I broke your heart in the parlour at seventeen“ verankert das Grundthema: Erinnerungen als Ort von Reibung und Reue.
Die zweite Hälfte des Stücks entfaltet eine befreite Rhythmusstruktur, die das starre Korsett der frühen Tracks aufweicht. „Around The Bend“ erlaubt eine barocke Ruhe, verliert im zweiten Abschnitt jedoch kurz an Strahlkraft. „Ronnie’s Note Number Three“ überrascht mit feinsinniger Akustik und zarten Streichern. Diese Reduktion zeigt das eigentliche Potenzial der Band, weil sie nicht hinter ikonischen Vorbildern steht, sondern von präziser Erzählkraft getragen wird. Hier entsteht ein eigener Ton, der sich im restlichen Album öfter hätte durchsetzen dürfen. Das abschließende „The Travelling Show“ greift die Zeile „you see me now and then“ auf und verwandelt sie in eine Reflexion über Herkunft, Entfernung und das Bedürfnis, sich neu zu verorten. Dieser Ausklang ruft das Cover erneut ins Bewusstsein: zwei Figuren auf offener Fläche, gehalten in einem Schwebezustand zwischen Aufbruch und Vergangenheit.
„The Parlour“ zeigt eine Band, die ihr Material ernst nimmt, sich jedoch stellenweise zu nah an ihren Einflüssen bewegt. Die stärksten Momente entstehen, wenn Parlour und Risi sich von diesen Schatten lösen und ihre Geschichten ohne dekorative Attitüde formulieren. Ein Debüt mit Substanz und hörbaren Reserven.
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