Lana Del Rey – Norman Fucking Rockwell!

PopRock, VÖ: September 2019
LANA DEL REY war im Herzen schon immer eine Popklassikerin – aber sie hat endlich ihren Popklassiker gemacht. Das lang erwartete NORMAN FUCKING ROCKWELL! ist noch massiver und majestätischer, als alle erhofft hatten.

Nur wenige Popstars sind so geschickt im Aufbau eigener Welten wie Lana Del Rey. Seit der Veröffentlichung ihrer ersten Single, dem düsteren, sehnsüchtigen Stück „Video Games“ aus dem Jahr 2011, ist sie eine der spannendsten Künstlerinnen. Ihre rauchige Stimme erinnert an alte Zeiten, die sonnenverwöhnten Träume, die der blaue Himmel Kaliforniens zaubert, dagegen an die harten Scheinwerfer Hollywoods. Gemeinsam vereinen diese verblassende Romantik mit den höchsten Höhen und den seelenberuhigendsten Tiefen der modernen Liebe. Jana Del Rey’s sechstes Album „Norman Fucking Rockwell!“ setzt diese Tradition fort, obwohl es in eine stimmungsvollere Richtung fällt. 

“Goddamn, man-child / You fucked me so good that I almost said, ‘I love you,’” singt sie da im eröffnenden Stück und bleibt damit weder sanft noch sonderlich romantisch. Musikalisch begleitet durch ein sanftes Piano, wird auch „Love Song“ durch dieses Element großartig in Szene gesetzt. Dazu gesellt sich ein gespenstisches Echo – ausgelöst durch ein bewegliches Streicher-Arrangement. „Happiness Is A Butterfly“ akzeptiert beinahe nihilistisch ein tragisches Schicksal, wenn sie mit einer Miene fragt, die immer das Schlimmste erwartet: „If he’s a serial killer then what’s the worst/That can happen to a girl who’s already hurt?” Insgesamt ist „Norman Fucking Rockwell!“ kein überraschendes Album – es ist ein logischer nächster Schritt für Del Rey, eine Reise anzutreten, auf der sie sich vom Hip-Hop-Pop zum Bohemian Folk entwickelt hat. 

Sie regt ihren Sound auf subtile Weise an und führt diesen in ein Gebiet, das als „zeitlos“ beschrieben werden darf. Wo auf früheren Alben riesige Pop-Hooks auf ein unheimliches Melodram stieß, sind beide Extremitäten dieser Formel zurückhaltender und direkter geworden. „Venice Bitch“ ist das beste Beispiel dafür. Der neunminütige Song beginnt mit sanften Streichern und sanften, hoffnungsvollen Melodien, windet sich aber in einen langen, meditativen Abschnitt, in dem Synth-Texturen und hypnotisch wiederholte Gesänge in Wände geräuschvoller Gitarren gleiten. Die Songs auf diesem Album entpuppen sich nicht als hohle Gefäße für eine blasse Selbstaufnahme, sondern als offenherzige Einschätzung der psychischen Auswirkungen einer Welt, die sich in ein Chaos verwandelt. 

Del Rey hat ihren Status als Kult-Ikone längst gefestigt und mit „Norman Fucking Rockwell!“ ein Album eine Hommage an das Leben und die Liebe aufgenommen, dass höchsten Respekt verdient.

9.5