Klaxons – Surfing The Void

Indie Rock, VÖ: August 2010
Insgesamt ist SURFING THE VOID eine interessante und absolut lohnende Sammlung von Songs. Darüber hinaus haben sich die KLAXONS vollständig von dem erstickenden „Nu Rave“ -Tag befreit und klingen jetzt größtenteils wie eine unheilige Allianz aus Captain Beefheart und Slayer.

Surfing The Void. Wir befinden uns auf einer Welle des nicht Greifbaren. Es wird einem unmöglich gemacht, die angehende Leere mit Inhalten zu füllen. Vielmehr bezieht sich die Nominalphrase „das Nichts“ auf das Gegenteil des Seins, die Verneinung und Abwesenheit des Seins, das Nichtsein, die Leere schlechthin. „Surfing The Void“ lässt sich aus einer Reihe von Blickwinkeln beobachten, doch besonders zu Beginn werden wir nicht mehr als die scheinbare Leere finden, die aufgrund der Proportion von Spielzeit zu Inhalt mit einer übernatürlichen Materie vollgeladen wurde – so dass mit dem einfachen Blick dies nicht zu erkennen ist. Was ist die Folge? Wir können nichts sehen. Oder um es vereinfacht darzustellen: Man sieht den Wald vor lauten Bäumen nicht. Es erfordert bei der neuen Platte der Klaxons schon einen scharfen Blick für die wesentlichen Dinge, um eben nicht in diesen Zustand zu geraten, Herr über die Lage zu werden mit dem Ziel, das zweite Album nach abgeschlossener Therapie besser kennen zu lernen, es zu verstehen und zu wissen, weshalb dieses Album ein ganz besonders ist.

Und damit wir es verstehen können, braucht es einen logischen Aufbau und detailierte Einblicke in das Innenleben von „Surfing The Void“. Doch beginnen wir zu Anfang mit den Grunddaten der Platte: Produziert wurden die zehn Stücke von Ross Robinson, der damit auch James Ford ersetzte. Das Label hört auf den Namen Polydor Records und aufgenommen wurde das zweite Werk im sonnigen Los Angeles, Kalifornien. Das zu den Fakten. Inhaltlich steigen die Klaxons mit „Echoes“ in das eingängigste Stück von „Surfing The Void“ ein. Es reitet ohne Umschweife auf psychedelischen Wellen, die Gischt bricht durch auftürmende Felsbrocken und die Gitarren benehmen sich, als ob Sie selbst auf den Wellen reiten würden. Ein wunderschöner Auftakt, der auch durch das zweite Stück „The Same Space“ nicht gebremst werden kann. Doch man wird sich fragen, was zur Hölle denn hier passiert ist? Der Beat ist schwer und robust. Schlagzeuger Steffan Halperin ist nun ein vollwertiges Mitglied der Band und führt den Song an sein Ziel. Insgesamt bietet ‚ The Same Space ‚ wenig Luft zum Atmen, abstrakte Geräusche brennen immer wieder mal im Hintergrund und zeigen zugleich das Selbstbewusstsein und den Mut, einen Track wie diesen so früh in die Platte einzubauen.

Der Titeltrack „Surfing The Void“ ist dagegen kurz, äußerst lebendig und knackig gehalten. „We’re passing through the clouds of diamond dust“, singt Jamie Reynolds im nächsten Stück „Valley of the Calm Trees“ und bietet damit auch den nächsten Zellstoff für Sciencefiction-Romane mit Raumschiffen, Straßen voller glitzerndem Staub und schillernden Grundfarben. Der erste Durchlauf mag wenig substantielles für den Hörer bieten, ist die Ihm gebotene Welt einfach zu unüberschaubar, zu fremd und Refrains verstecken sich hinter wälzenden Soundteppichen. Vielleicht bleibt auch deshalb „Venusia“ sofort im Gedächtnis hängen. Es ist das beste Stück der drei leicht verwirrten Jungs, mit einer hervorragenden Eigen-Dynamik und dem endenden Chor „Venusha / take me by the hands“. „Extra Astronomical“ klingt wie der letzte Ausruf einer bald zerbrechenden Welt, die Erde unter unseren Füßen brodelt, das Ende ist nah. Klebende Melodien fallen inmitten von Meteorschauern durch Trommeln und schreiben dabei kleine Mini-Epen, die es einfach beim ersten Mal nicht zu verstehen gilt. „Twin Flames“ schwingt langsam durch finstere Aschewolken und bleibt damit der langsamste Song auf „Surfing The Void“.

Weiteres Highlight ist „Flashover“ das mit vollem Rohr und ohne Rücksicht auf Verluste, fast schon geistesgestört durch kosmische Rockgeschwader prescht. Für uns einer der besten Tracks des Jahres. Mit „Future Memories“ folgt ein krasser Gegensatz zu „Flashover“ und gehört zu den drei, vier verschiedenen Pop-Songs auf der Platte. Und die Klaxons enttäuschen uns auch am Ende von „Cypher Speed“ nicht: Mit einem Messer zwischen den Zähnen verabschieden sich die Londoner aus den letzten fünf Minuten und verschwinden wieder in Ihrem kostspieligen Wurmloch. Insgesamt ist das neue Album hervorragend konzipiert, aber nie zu pedantisch, es ist kompliziert, bietet aber mit Geduld die Möglichkeiten es zu verstehen. Kühn und mit viel Mut zeigen uns die Klaxons, weshalb „Surfing The Void“ mit einem breiten Grinsen über das Klischee vom schweren zweiten Album lachen darf. Ähnlich gesehen dürften das in diesem Jahr auch MGMT

10.0