JESSIE J Don’t Tease Me With A Good Time

DEC ● 2025

JESSIE J kehrt nach Jahren der Brüche mit einem emotional vielschichtigen Album zurück: eine dichte Mischung aus Selbstbefragung, Verletzbarkeit, Wut und leisen Momenten, die hinter ihre frühere Pop-Silhouette blickt.

Jessie J tritt mit ihrem sechsten Studioalbum aus einem Schatten, der mehrere Jahre lang ihre Stimme, ihre Gesundheit und ihre Wahrnehmung bestimmte. Die lange Pause zwischen „R.O.S.E.“, dem Weihnachtsalbum und „Don’t Tease Me With A Good Time“ entspringt nicht einer strategischen Distanz, vielmehr einem biografischen Ausnahmezustand. Erkrankungen wie Ménière, das vorübergehende Verstummen, die Fehlgeburt, die Krebsdiagnose, der Abschied vom früheren Label, die Entscheidung zur Selbstveröffentlichung: all diese Ereignisse verschieben ihre Musik spürbar. Die ersten Zeilen von „FEEL IT ON ME“ geben die Richtung vor. „Falling from my eyes, have to heal this in the darkness“ formt keinen Popauftakt, sondern eine Selbstentblößung. Die Reduktion der Produktion überlässt ihrer Stimme die unsicheren Zwischenräume, in denen die emotionalen Kerne dieses Albums sitzen.

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Die Platte entfaltet ihre stärkste Wirkung in Momenten, in denen sie Schmerz ohne Ornament formuliert. „COMES IN WAVES“ beschreibt einen Verlust, der konkrete Sprache verlangt. Die Zeile „I miss the future that we never made“ fasst diesen Ansatz präzise. Keine Metaphernflut, eher eine klare Skizze eines nicht gelebten Lebens. „I’LL NEVER KNOW WHY“ behandelt einen anderen Abschied, geprägt von Ratlosigkeit. „How could you say goodbye without saying goodbye?“ stellt Fragen, die nicht beantwortet werden. Diese Offenheit gibt dem Album mehr Tiefe als jeder dramatische Höhepunkt. Neben diesen dichten Kapiteln existieren leichtere Passagen, die nicht denselben erzählerischen Druck halten. „BELIEVE IN MAGIC“ bewegt sich auf vertrautem Popterrain, ohne die Intensität der introspektiveren Songs zu erreichen. 

„COLOURFUL“ reiht Wörter aneinander, löst aber keine inneren Bilder aus. „THREW IT AWAY“ greift die Beziehung zu Channing Tatum auf, bleibt allerdings an der Oberfläche. Die Formulierungen „I gave you my love and you threw it away“ oder „I’m the beauty, you’re the beast“ erzeugen Pointen, entwickeln jedoch keine narrative Finesse. Der Einfluss langjähriger Kollaborateure wie Jesse Boykins III oder Ryan Tedder erdet die Produktion. Tedder arrangiert, ohne das Material zu überfrachten. „COMPLICATED“ erzählt Jahre ihrer Karriere und ihrer Zwischenräume, benannt nach Zeitpunkten. Die Zeile „Katy told me that they all hate me“ wirkt wie ein öffentlicher Einblick in ein ohnehin verwundbares Kapitel. Der Refrain bleibt bewusst unspektakulär, fast beiläufig. 

Das Albumcover rahmt die Musik treffender, als es viele Radiomomente tun. Die verschwommene Silhouette, die überlagerten Hände, das kalte Blau um die Augen, das vibrierende Licht: ein Bild von Überreizung, Selbstverlust und gleichzeitiger Fokussuche. Die roten Lippen geben dem Motiv eine feste Achse, an der sich die emotionale Spannung spürbar sammelt. Diese visuelle Unruhe spiegelt Songs wie „NO SECRETS“, „FEEL IT ON ME“ oder „I DON’T CARE“ unmittelbar. Am Ende schließt die Platte mit „THE AWARD GOES TO“. Der Song verweigert jede große Geste. „I’m winning my worth“ klingt nicht wie Triumph, eher wie ein ausbalancierter Entschluss. Jessie J zeigt hier keine Siegerpose, sondern eine Haltung, die Distanz schafft. 

Dieses Finale setzt einen stillen Punkt hinter eine Erzählung, die sich nicht mehr über Chartlogiken definiert. Aus diesem Material entsteht ein Album, das uneben, roh, hellwach und stellenweise eindringlich wirkt.

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Verschwommenes Porträt mit bewegten Händen vor dem Gesicht, kräftigem blauem Lidschatten und roten Lippen, rotem Albumtitel links oben.

Jessie J – Don’t Tease Me With A Good Time

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