Jessy Lanza – Love Hallucination

Alben der WocheElectronic, VÖ: Juli 2023
Aufbauend auf der letzten Veröffentlichung klingt LOVE HALLUCINATION von JESSY LANZA wie das Werk einer blühenden Künstlerin. Dies ist ein Album voller großer Emotionen und großer Songs, mit direkten und persönlichen Texten, die den Fehdehandschuh roher Gefühle fordern.

Jessy Lanza nennt „Love Hallucination“ ihren „trust fall“. Nachdem sie gerade von der Bay Area ins sonnige Los Angeles gezogen ist, erlangt die Sängerin und Produzentin neues Selbstvertrauen und persönliche Authentizität. Der elegante und weiterentwickelte Sound des Albums ist ein Hauch frischer Luft, ermöglicht durch die Produzenten Jacques Greene, Paul White, David Kennedy, Jeremy Greenspan und Marco „Tensnake“ Niermeski, die ihr Produktions-Toolkit erweitern. Von Club-Songs bis hin zu eher düsteren und schwülen Werken erinnert uns „Love Hallucination“ daran, in die Tiefen der Liebe zu versinken, aber selbstsicher genug zu sein, den eigenen Instinkten zu vertrauen.

Der Kern der Platte besteht aus einer Sammlung von Liedern, die sie für andere Menschen schrieb. Diese Freiheit ermöglicht es ihr, mutigere Texte und Refrains auszuprobieren. Das Ergebnis ist ein luftiges, sinnliches Album, das ebenso witzig und selbstironisch wie kokett oder freakig ist. Bei „Marathon“ verlangt sie von ihrem Partner mehrere Orgasmen, mit einer coolen Darbietung, die es mit den besten Diven aufnehmen kann. Der Ohrwurm-Refrain zu „Limbo“ vermittelt mit seiner naiv buchstabierten Darbietung („L–I–M–B–Oh!“) eine wissende Haltung. Hier hat Lanza’s Produktion mehr Gewicht. 

Doch im Gegensatz zum fröhlichen „Limbo“ ist „I Hate Myself“ mit der Wiederholung der Titelphrase ebenso entmutigend, wie es klingt. Abgesehen von diesen beiden Extremen zeigt „Love Hallucination“ im Wesentlichen, dass Jessy Lanza das tut, was sie immer getan hat. Ihre Beats sind so klar und scharf wie geschliffenes Glas, ihr Gesang strahlt aus einer unbekannten Astralebene und ihre Synthesizer schweben irgendwo zwischen dieser und der nächsten Welt. Die Singles „Midnight Ontario“ und „Don’t Leave Me Now“ dürften dagegen die direkteste Tanzmusik sein, die sie je geschrieben hat. 

Aber eine willkommene Portion Verrücktheit färbt die Ränder immer noch. „Big Pink Rose“ könnte ein eleganter Slowjam-Rückblick sein – wären da nicht die klappernden Percussions, die Lanza in ihren Beat einbaut. An anderer Stelle vermischt „Gossamer“ Citypop und klassischen R&B mit trippigen Backing-Vocals und widerspenstigen Synthesizern. „Love Hallucination“ könnte am Ende von keiner anderen als dieser einzigartig koboldhaften, sinnlichen Produzentin stammen.

9.0