Dieses herrliche Album bietet pure Inspiration zwischen THANDI NTULI und Carlos Niño und ist zugleich schrill und verletzlich, minimalistisch und ästhetisch umfangreich.
Der südafrikanische Jazz hat in den letzten Jahren eine maximale Wendung genommen. Künstler wie das Kollektiv Spaza und die Schlagzeuger Tumi Mogorosi und Asher Gamedze haben jeweils Platten veröffentlicht, die Free Jazz kanalisieren und eine kollektive Klangkakophonie erzeugen. Es ist sowohl ein soziales als auch ein klangliches Statement, ein Versuch, durch die emotionale Offenheit der Improvisation eine Verbindung zum Bewusstsein der schwarzen Gemeinschaft herzustellen. Die Pianistin und Sängerin Thandi Ntuli hat ihren eigenen ruhigen Weg beschritten. Seit ihrem Debütalbum „The Offering“ aus dem Jahr 2014 und dem Nachfolger „Exiled“ aus dem Jahr 2018 hat Ntuli’s Musik ihre Stärke in sanften Melodien und zarten Arrangements gefunden und vermittelt eine freudige Botschaft eher durch ein Flüstern als durch einen Schrei.
Ihre neueste Veröffentlichung „Rainbow Revisited“ ist ihr bisher minimalstes Werk und besteht aus 10 Klavier- und Gesangsspuren mit leichten Akzenten zusätzlicher Percussion und Produktion des LA-Multiinstrumentalisten Carlos Niño. Es ist eine bemerkenswert aufschlussreiche Platte, die Ntuli’s Talent im Umgang mit ihren Instrumenten unter Beweis stellt. Der Titeltrack bietet ein leuchtendes Beispiel für Ntuli’s Scat-ähnlichen Gesangsansatz. Sie sagt, dass Scat im Gegensatz zu „sung singing“ direkt ist, eine freie Übermittlung von Emotionen, um eine Botschaft zu vermitteln. Die ursprüngliche Version war eine Anklage gegen Südafrikas gebrochene Versprechen der Inklusion sowie der Rassen- und Wirtschaftsgleichheit.
Mit Niños unaufdringlichen, natürlich klingenden Verzierungen lässt Ntuli ihren rechtschaffenen, kreisförmigen Pianismus in einen improvisatorischen Raum eintreten, und ihre Stimme unterstreicht die Betonungen des Klaviers, obwohl sie eher existenziell neugierig als heilig sind. „Breath and Synth Experiment“ ist völlig unbeschwert und doch intim. Die vielschichtigen Ambient-Sounds des Produzenten finden sich in den Synthesizern von Ntuli wieder, die verschiedene Flötenstimmen und beruhigende, nicht identifizierbare Klänge bieten, während sie in die geheimnisvollen Klänge hineinflüstert. Außerdem gibt es „Nomoyoyo“, eine wunderschöne Kwela-ähnliche Melodie, die von Ntuli’s Großvater Levi Godlib Ntuli geschrieben wurde und die Hymne ihrer Familie ist.
In Ntuli’s Händen und Kehle strahlt das Lied Erbe und Alter, aber auch schlichte harmonische Schönheit aus. Es ist eine klangliche Widerspiegelung des vergangenen Jahrhunderts, und man fragt sich, welche Assoziationen ein Lied wie dieses hervorrufen könnte, wenn es in Südafrika öffentlich aufgeführt wird. Mit ihrer wortlosen Stimme vermittelt Ntuli hier alles von Sehnsucht bis hin zu Ekstase in der perfekten Kadenz ihrer Stimme und ihrer melodischen Klavierauswahl. „Rainbow Revisited“ ist eine Meisterklasse im beredten Potenzial des Solos, ein stiller Sturm des Ausdrucks an Ntuli’s neuen Grenzen des südafrikanischen Jazz.
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