Green Day – Father Of All…

Rock, VÖ: Februar 2020

In einem Statement zu Green Day’s „Father Of All…“ beklagt Frontmann Billie Joe Armstrong den aktuellen Stand des Rock’n’Roll und bewirbt ihr 13. Album als “inspired… A NEW sound for us. Dirty and messy… I want our attitude to be on the level as these young hip hop acts. The baddest rock band on the planet that gives a s**t.” Es ist schwer zu sagen, ob Armstrong das ironisch gemeint hat. Glamouröser, hymnischer und dreckiger Vater von Allem… mag sein, aber „inspired“ und „baddest“ ist das neue Album von Green Day definitiv nicht. Sie erfüllen jedoch das Versprechen eines „new sound“. Man fragt sich, ob dies tatsächlich das bahnbrechende Pop-Punk-Trio der 90er Jahre ist, aus dem 2004 die politisch aufgeladene Rockoper „American Idiot“ hervorging? Armstrong’s markanter Gesang wurde durch Falsett und Verzerrungen ersetzt. Beim vorletzten Titel „Take the Money and Crawl“ hört es sich so an, als würde er aus einem High-School-Schließfach heraus singen. 

 

Das Eröffnungslied klingt wie eine Demo eines neuen Muse Songs, während das folgende „Fire, Ready, Aim“ mit beinahe identischer Tonart wie ein missglückter Versuch aussieht, als merkwürdiger Hives-Verschnitt neu durchzustarten. Während ihrer langen und fruchtbaren Zeit als Band haben Green Day weit mehr erreicht, als die meisten nicht einmal im Stande währen es zu erträumen. Aber während sie immer noch unbestreitbar eine der großartigsten Rock-Acts ihrer Generation sind – was immer wieder durch ihre riesigen Live-Shows und Festival-Headlines bewiesen wird – haben ihre neueren Platten einfach keinen Schwung mehr. Es mag wohl das typische Sättigungsgefühl sein, mit dem sich wiederum viele große Bands wie Green Day herumschlagen. Zumindest muss man dem Trio zu Gute halten, dass im weiteren Verlauf eine gewisse Experimentierfreudigkeit nicht abgesprochen werden kann.

Von den effektreichen Gesängen des Titeltracks zum rauen Country-Rock-Twang von „Stab You In The Heart“ über die mittelschnelle Nostalgiewelle von „I Was A Teenage Teenager“, ist dies ein Album, dass sich irgendeiner sichtbaren Formel entziehen kann. Diese Tracks sind dementsprechend eine Abkehr von fast allem, was Green Day in den letzten 10 Jahren herausgebracht haben. In der Regel handelt es sich dabei um viel mehr Pop-artige Arrangements, oft mit mehreren Gesangsebenen, Harmonien und Streichern. Sie waren nicht immer in der Lage, eine Story zu erstellen, die so kugelsicher ist wie „American Idiot“ oder einen Schalldurchbruch auslöst, der den Mainstream wie einst „Dookie“ erschütterte. „Father Of All…“ wird niemanden diesbezüglich umhauen. Aber dafür liegt der Fokus darauf, das „Album“ zu einem zusammenhängenden Statement zu formen und nicht nur zu einer Anreihung von Singles, die scheinbar keine Beziehung zueinander haben. 

Natürlich könnte man Green Day nun auch Altertümlichkeit unterstellen. Letztlich wird das neue Album von Green Day nicht die Welt verändern, keine Revolution auslösen und in der Diskographie eine eher untergeordnete Rolle einnehmen. Trotzdem macht „Father Of All…“ gelegentlich ein bisschen Spaß und kann durchaus so manche Green Day Playlist um einen weiteren Song bereichern. 

 

5.3