XIU XIU
13″ Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips

KLANGPROFIL: dunkel LABEL: Polyvinyl Record Co. KLANGSTART: Oktober 2024

Diese Platte von XIU XIU klingt (und fühlt sich an), als würde sie sich um uns kümmern. Ein Gefühl, das die Zufälligkeit unseres Platzes im Raum verschleiern könnte oder, noch vollständiger, es als das wahre Gesicht all unserer öffentlichen Bemühungen darstellt.

„I have done almost nothing right / My entire adult life“, singt Jamie Stewart von Xiu Xiu’s im Eröffnungstrack ihrer neuen Platte, „Arp Omni“. „But having dared to touch the fire with you / Breaks the chains of my being nothing.“ In vielerlei Hinsicht beschreiben diese Zeilen die Ästhetik von Xiu Xiu – ihre oft beunruhigende Musik neigt dazu, die Grenzen von Scham und Verlangen zu überschreiten. Das neueste Werk der Multiinstrumentalisten Stewart und Angela Seo und des Perkussionisten David Kendrick wird für Fans ihrer Musik keine große Überraschung sein. Sie sind diese Wege schon einmal gegangen, aber nie auf so umfassende Weise. In diesem Sinne könnte „13″ Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips“ ein perfekter Einstieg für neue Fans sein.

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Laut der Gruppe waren die beiden treibenden Kräfte hinter „13″ Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips„ die Zerstörung früherer ästhetischer Vorstellungen sowie der kürzliche Umzug der Band von Los Angeles nach Berlin. Es ist eine für Xiu Xiu typische Mischung aus großem Drama und Selbstironie, die sich aber sehr authentisch auf die Platte auswirkt, die sowohl eine bewusste Entscheidung widerspiegelt, einen anderen Sound auszuprobieren, als auch die subtileren, fast unbewussten Wendungen, die durch einen Orts- und Perspektivwechsel entstehen können. Abgesehen vom ausladenden Post-Rock-Opener „Arp Omni“ ist das Album Industrial-Popmusik, schwerer Synth-Glamour, große Riffs und Großbuchstaben.

Die ewigen Xiu Xiu-Beugungen sind vorhanden – Süße mit kreischendem Biss, Stewarts zitternde, zu bellende Stimmsprünge – aber die Positionen sind verschoben. Der zaghafte, geflüsterte Anfang von „Sleep Blvd.“ fühlt sich wie vertrautes Terrain an, aber wenn es explodiert, dehnt es sich zu reich definierten Höhen aus: ein Gesangschor, ein Gitarrenchor, ein Gegenchor, eine glitzernde elektronische Spirale. „Pale Flower“ ist ähnlich weitreichend, weniger wie ein Popsong aufgebaut, aber dennoch von einem unwiderstehlich melancholischen Refrain geerdet. Und der letzte Track „Piña, Coconut & Cherry“ gipfelt darin, dass Stewart immer wieder das Wort „Fantasy!“ schreit.

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Gleichzeitig ist „13″ Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips„ jedoch nicht so episch wie „Girl with Basket of Fruit“ oder „Ignore Grief“ und nicht so abwechslungsreich wie „Fabulous Muscles“. Es fühlt sich manchmal wie ein Experiment an, sich ein anderes Xiu Xiu vorzustellen; eines, das sich an der Spitze der Jahresendlisten wiederfindet, das in Rockclubs gespielt wird, das in New York lebt und eine Sonnenbrille trägt. Mit dieser Geste sind sie zugänglicher, aber auch distanzierter geworden. Textlich ist dies mehr „La Forêt“ oder „A Promise“ – eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit dem Selbst – als die märchenhaften Horrorgeschichten, die sie in den letzten Jahren erforscht haben. 

„13″ Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips„ ist mehr Friedkin als Lynch und mehr Lou als Scott und reißt die Leinwand auf: Das Cover ist schließlich ein Spiegel. Es stellt uns Fragen – die Bewegung des Körpers, der Ausdruck auf dem Gesicht – und bietet keine Antworten. Dies ist Rockmusik, gespielt in dunklen Räumen.

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Cover des Albums „13" Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips“ von Xiu Xiu: vier mintgrüne Dolche kreuzen sich auf einem metallisch-bunten Hintergrund.

Xiu Xiu – 13″ Frank Beltrame Italian Stiletto with Bison Horn Grips

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Dieses Album ist eine tiefenpsychologische Reise durch Schuld, Begehren, Identitätsverformung – und das stets im Grenzbereich zwischen Schmerz und Stil. Stewarts zerrissene Stimme, schillernde Industrial-Flächen und eruptive Breakdowns verdichten sich zu einer dunklen Spiegelung des Selbst. Zwischen Drama, Wahnsinn und Selbstironie bleibt immer ein Hauch von Abgrund – keine Hoffnung, keine Ruhe, sondern kontrollierte Zerstörung.
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