THE SMILE
Wall of Eyes

KLANGPROFIL: unheimlich LABEL: XL Recordings KLANGSTART: Januar 2024

Mit WALL OF EYES entfalten THE SMILE ihr Art-Rock-Universum zwischen Jazzmotorik, Streicherglanz und paranoider Lyrik – ein Album voller Blicke, Selbsttäuschung und kalkulierter Risiken.

Als Nebenprojekt von Radiohead gestartet, haben sich The Smile längst zu einer eigenständigen Kraft entwickelt. Das Trio um Thom Yorke, Jonny Greenwood und Tom Skinner kehrt nach dem Debüt „A Light for Attracting Attention“ mit einem zweiten Album zurück, das weniger eruptiv, doch keineswegs glatter wirkt. Produziert von Sam Petts-Davies und aufgenommen in Oxfordshire sowie den Abbey Road Studios, zeigen The Smile auf „Wall of Eyes“, wie sich kammermusikalische Strenge und improvisatorische Lockerheit verschränken. Der Titeltrack eröffnet mit gezupften Gitarren, einem bossa-ähnlichen Rhythmus und Streichern des London Contemporary Orchestra. Yorke’s Falsett haucht „The trains don’t go there“, während die Harmonie ins Schwarzweiße kippt, als stünde man selbst vor einer Wand aus Augen.

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„Teleharmonic“ trägt seinen Namen wie ein Versprechen, taumelt zwischen sakralem Gesang und bassgetriebenem Funkeln, Skinner hält die Balance mit jazziger Beweglichkeit. Mit „Read the Room“ liefern The Smile den forderndsten Moment: ein mathrockiger Puls, Textzeilen über „massive egos“ und ein Motorik-Finale, das sich immer weiter zuspitzt. Greenwood setzt seine Handschrift deutlicher als zuvor, die orchestrale Wucht in „Friend of a Friend“ oder „Bending Hectic“ trägt seine filmische Handschrift, doch manchmal kippt sie ins Berechenbare. Gerade „Bending Hectic“ wächst zu einem orchestralen Crescendo, das zwar überwältigt, aber erwartbar bleibt. „Under Our Pillows“ wiederum entfaltet sich als Drone-Kaskade, „You Know Me!“ spielt mit dem permanenten Zweifel, wie nah man sich wirklich kennt. Nur „I Quit“ fällt ab, eine noble Ballade, der der letzte Funke fehlt.

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Das Cover übersetzt die Musik in Bilder: rostorange Flächen, wogende Linien, Schwärme von Augen, schwarze Nadeln im Vordergrund. The Smile greifen diese Temperatur auf, ihre Stücke changieren zwischen flirrender Hitze und kühlen Blautönen, ein ständiges Spiel aus Distanz und Nähe. Im Fazit zeigt sich, dass The Smile ihre Klangwelt zwar nicht neu erfinden, sie aber weiter vertiefen. „Wall of Eyes“ ist atmosphärisch betörend, doch nicht jeder Höhepunkt zündet. Es bleibt ein Werk, das fasziniert und fordert, ein Spiegel der eigenen Wahrnehmung, in dem man sich zugleich verloren und geborgen fühlt.

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Gemaltes Albumcover mit rostorangefarbenen, gelben und blauen Wellenformen, Schwärmen schwarzer Augen im oberen Drittel, schwarzen, nadelartigen Säulen im Vordergrund, Titel „WALL OF EYES – THE SMILE“ in schwarzer Typo mittig.


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Die Songs öffnen Räume, in denen Wärme und Fremdheit gleichzeitig atmen. Der 5/4-Sog des Titelstücks wiegt sanft, doch die gezählten Zahlen werden zum Mantra einer inneren Alarmanlage. „Teleharmonic“ schimmert in Eis und Feuer, ein Schwebezustand, der Nähe verspricht, dann wieder entzieht. Motorische Passagen rücken heran, lösen sich wieder, als stünde eine Silhouette knapp außerhalb des Sichtfelds. Überall Blicke, Spiegelungen, das Gefühl, beobachtet zu werden, selbst im zärtlichen „Friend of a Friend“. Die Streicher glänzen, doch darunter rumort eine Spannung, die nicht entlädt, sondern brütet: schön, aber seltsam kalt, flackernd wie Neon über nassem Asphalt.
unheimlich