Zwischen Maskerade und Meisterwerk: Wie die BEATLES mit STG. PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND das Studio in eine Bühne verwandeln und den Klang der Gegenwart neu erfinden.
Wer diese neue Langspielplatte der Beatles auflegt, betritt kein gewöhnliches Konzert, sondern ein inszeniertes Schauspiel aus Tönen, Stimmen, Farben. Vier Musiker aus Liverpool treten nicht mehr als sie selbst auf, sondern hinter Masken: eine erfundene Kapelle, ein Zirkus von Gestalten, Trompeten, Cellos, Kinderchören. Der Titel ruft nach Blasmusik, doch was folgt, ist ein Kaleidoskop von Formen. Gleich das eröffnende Stück kündigt mit ironischem Pomp an, was kommt: eine Parade der Möglichkeiten, eine Feier des künstlichen Spiels. Zwischen Fanfare und Reprise spannt sich eine ganze Welt – von der feierlich naiven Ballade „She’s Leaving Home“ bis zu jenem großen Abgesang „A Day in the Life“, der wie ein Traum über dem Ende der Schallplatte hängt.
Man hört, dass die Beatles das Studio nun als Bühne verstehen. Kein Ort der Dokumentation, sondern der Erfindung. Tonband, Orchester, Chor, Sitar – alles wird Material, Klangfläche, Struktur. In „Lucy in the Sky with Diamonds“ flirrt eine Orgel wie Glas, Stimmen schweben, verlieren ihre Schwerkraft. In „Being for the Benefit of Mr. Kite!“ tanzen Drehorgel und Bass in einem absurden Jahrmarkt, der Vergnügen und Verfall zugleich zeigt. Dazwischen die kleinen, fast bürgerlichen Miniaturen: „When I’m Sixty-Four“ als zarte Erinnerung an Tanztee und Nachkriegssalon, „Lovely Rita“ als komische Operette des Alltags. Das Erstaunliche ist, wie geschlossen dieses Album wirkt, obwohl es aus Bruchstücken besteht. Jeder Titel ist Figur in einem Tableau, das von Fantasie und Müdigkeit gleichermaßen erzählt.
Die Beatles scheinen sich von der Beat-Musik verabschiedet zu haben, um eine neue, frei schwebende Ordnung zu suchen. Man spürt in jedem Takt den Wunsch, das Ende des Gewohnten heraufzubeschwören. Zwischen Fest und Fassade, Euphorie und Nachdenklichkeit, entsteht ein Werk, das nicht mehr Popmusik ist, sondern ein Spiegel der Zeit – schillernd, überreizt, verführerisch und seltsam leer zugleich.
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