Zwischen Spiegelbild und Schall von MADI DIAZ entsteht mit PHANTOM ein flirrendes Popalbum voller roter Intensität das Schmerz in Bewegung verwandelt und elektronische Klarheit mit menschlicher Zerbrechlichkeit vereint.
„Phantom“ markiert einen Wendepunkt im Werk von Madi Diaz, einer Künstlerin, die sich von ihren akustischen Anfängen löst, um im elektronischen Raum neue Formen emotionaler Direktheit zu finden. Nach Jahren zwischen Nashville und Los Angeles, nach Touren mit The Civil Wars und Landon Pigg, führt sie ihr vierter Longplayer in ein Terrain, das kühler, klarer und zugleich entwaffnender wirkt. Der einst folkige Kern bleibt spürbar, doch er wird von synthetischen Pulsen umkreist, von Beats, die ihre Verletzlichkeit nicht übertönen, sondern rhythmisieren. Schon der Opener „Tomorrow“ klingt wie ein Befreiungsversuch: „Never look back, never look back“ – eine mantraartige Zeile, die als Selbstvergewisserung und Fluchtbefehl zugleich funktioniert.
Das Cover, getaucht in gleißendes Rot, zeigt Diaz’ Gesicht im Profil, halb versunken, halb erleuchtet. Eine Figur zwischen Wärme und Erstickung, als atme sie durch Licht. Dieses visuelle Vibrieren findet sich in Songs wie „Stay Together“ wieder, deren euphorischer Puls die Melancholie in Bewegung hält. In „Ghost Rider“ dagegen kippt die Energie – der Synthesizer wirkt plötzlich wie eine drohende Wand, die Stimme reibt sich an Dunkelheit, Schmerz wird zu architektonischem Raum. Diaz weiß, wie sie Nähe und Distanz moduliert. „Mess“ treibt das Prinzip auf die Spitze: wütend, fast trotzig, ein Song, der die Verwundung feiert, während er sie zugleich verdrängt.
Im letzten Drittel des Albums kehrt die Ruhe nicht zurück, sie wird nur transformiert. „Pictures“ entfaltet eine bleierne Schönheit, jedes Echo scheint wie Erinnerung zu flimmern, und in „Ashes“ gipfelt alles in einer Art sakralem Loslassen: „Run through the arrows, let the reins fall behind you.“ Ein Satz, der das ganze Album verdichtet: der Wille zum Weitermachen trotz des Wissens, dass jedes Licht Schatten wirft. Madi Diaz gelingt mit „Phantom“ kein perfektes, aber ein aufrichtiges Werk. Ihre Stimme bleibt das eigentliche Instrument: brüchig, kontrolliert, eindringlich. Zwischen Indie-Pop und introspektiver Elektronik formt sie eine fragile Dramaturgie, die nicht alles löst, aber alles spürbar macht.
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