The Notwist – Close To The Glass

ElectronicIndie RockRock, VÖ: Februar 2014

Das eröffnende Stück, welches vielmehr als eine Einleitung in das neue Werk von The Notwist anzusehen ist, klingt als würde man jemanden bei einem verkorksten Videospiel aus den 90er Jahren zu sehen. Eine klassische Fehlprogrammierung. Das Männchen auf dem Bildschirm läuft nach eigenen Vorstellungen dem sicheren Selbstmord entgegen und man als Spieler traktiert verzweifelt und krampfhaft mit übertriebener Härte die Knöpfchen am Steuerungsgerät. Doch es besteht keine Chance auf Rettung. Game Over. Wir legen den Controller aus den Händen und verschwinden von diesem leidigen Ort des Versagens. The Notwist folgen uns daraufhin mit dem zweiten Stück und der eigentlich Eröffnung und siehe da, auf einmal verschwinden die trübseligen Gedanken und man befindet sich plötzlich selbst als Spielfigur in einer neuen und fremdartigen Welt der stillen Faszination und aufdrängenden Neugier.

Alle sechs bis sieben Jahre, so steht dort eine alte spirituelle Lehre auf einer alten Tafel geschrieben, wird das Leben jedes Menschen von einem bedeutungsvollen Einschnitt geprägt. The Notwist halten sich ziemlich genau daran und präsentieren uns zugleich auch das insgesamt siebte Studioalbum. Als vor ein paar Wochen plötzlich der Titelsong ‚ Close To The Glass ‚ im Netz stand und der Erscheinungstermin des neuen Albums bekanntgegeben wurde, ohne viele Worte, war die Aufregung darum natürlich groß. Und so langsam während diese Worte geschrieben werden, verlassen The Notwist im dritten Stück ‚ Kong ‚ die experimentellen Phasen des Einstiegs zugunsten leichter Indie-Pop Melodien, die mit bekannten Einfühlvermögen schnell zu einem vertrauten Begleiter werden. Und spätestens nach ‚ From One Wrong Place To The Next ‚ wird einem ebenso schnell klar, dass ‚ Close To The Glass ‚ die wohl vielseitigste und homogenste Platte von The Notwist bislang ist.

Mal ist es fröhliche Vergnügtheit, mal traurige Einsamkeit, mal zielose Weitläufigkeit. Jedoch schwebt darin immer ein gewaltiges Echo und der starke Drang nach berechtigter Aufmerksamkeit. „Es ist uns inzwischen völlig egal, woher oder von wem ein bestimmter Sound kommt“, sagt Martin Gretschmann, „weil die Band selbst einfach ein großes Feedback-System ist, und es nur darauf ankommt, Teil dieses Feedback-Prozesses zu sein“. Sehr schön ist auch die beständige Weiterentwicklung des Gesangs von Markus Acher. Auf ‚ Close To The Glass ‚ klingt diese herrlich gestärkt, aber auch teilweise zerbrechlich, manchmal freudig erregt und dann wird der Hörer wieder von einer innigen Bestimmtheit durchzogen, als wäre jedes Wort die pure und einzig wahre Wahrheit. Feine Sache. Ein absolut empfehlenswerter Kauf.

8.8