Poppy – Zig

ElectronicPop, VÖ: November 2023
Mit diesem Album legt POPPY ihre Eingeweide auf den Tisch, öffnet sich wie nie zuvor und zeigt ihre bisher menschlichsten Momente.

Mit jeder weiteren Veröffentlichung entfernt die genreübergreifende Game-Changerin Poppy die kunstvoll gestaltete Fassade aus ihren frühen Jahren und gibt dabei mehr von sich selbst preis. Die Entwicklung verlief stetig, sie eroberte zunächst mit dem ätzenden „I Disagree“ aus dem Jahr 2020 ihr für den Grammy nominiertes Metal-Ich und vermenschlichte dann mit „Flux“ aus dem Jahr 2021 diese neue Klangrichtung. Ihr fünftes Album „Zig“ ist der ideale Mittelweg zwischen seinen beiden Vorgängern und vereint aggressive Schattierungen verschiedener Genres – Industrial, Elektronik, Pop – mit einigen ihrer bisher verletzlichsten und ehrlichsten Texte. Es ist keine Überraschung, dass dies ein weiterer aufregender Hörgenuss ist, der gleichzeitig vertraut und dennoch spannend ist. 

Inspiriert von Industrial- und Pop-Chamäleons der 90er-Jahre wie Blondie, Bowie und Gary Numan, demonstriert „Zig“ Poppy’s Fähigkeit, einen soliden Track zu erschaffen, der nicht auf Schockwirkung setzt, wie etwa der unerwartete Gothic-Walzer von „What It Becomes“ und „Linger“, das sich von einem bittersüßen akustischen Liedchen in eine wirbelnde Trip-Hop-Schönheit verwandelt. Tatsächlich ist „Zig“ im Vergleich zu einigen ihrer haarsträubenderen Materialien relativ zurückhaltend und sympathischer, als es ihre früheren Arbeiten vielleicht nicht waren. 

Die Singles vor der Veröffentlichung sind zwar einzeln faszinierend, fügen sich jedoch nicht immer zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammen. Manchen Titeln kommt es so vor, als ob ihnen die einprägsamen Hooks oder Melodien fehlen, die sie auszeichnen könnten, und in einigen Fällen bleiben die Texte hinter den Erwartungen zurück. Die Wiederholung bestimmter Refrains, wie in „1s + 0s“ und im Titeltrack zu sehen ist, weckt möglicherweise bei einigen den Wunsch nach mehr Abwechslung. Das ist schade, denn Poppy’s musikalische Ideen und Songwriting-Fähigkeiten sind auf diesem Album durchaus präsent. 

Songs wie „Flicker“, „The Attic“ und „Church Outfit“ zeigen ihr Potenzial, fesselnde Musik zu schaffen. „Zig“ ist eine faszinierende Erkundung von Poppy’s sich entwickelnder Kunst. Es zeigt ihre Bereitschaft, mit verschiedenen Genres zu experimentieren und Grenzen zu überschreiten, was es zu einem mutigen und gewagten musikalischen Statement macht. Obwohl es nicht ohne Mängel ist und es an einer vollständig zusammenhängenden Erzählung mangelt, ist es ein Beweis für ihren kreativen Geist und ihre Weigerung, sich auf einen bestimmten Stil festzulegen.

7.5