Anhand der acht Stücke auf PORTRAIT lässt sich leicht erkennen, dass dieses neueste Album von CIRCUIT DES YEUX früheren Werken um Lichtjahre voraus ist und durchaus einen Platz im gewichtigen Pantheon der modernen psychedelischen Musik finden könnte.
Vergessen wir alles, was wir vielleicht schon über Circuit des Yeux wissen. Wer sich die Zeit nimmt, Haley Fohr’s neueste Platte, die kürzlich erschienene „Portrait“, zwei- oder dreimal anzuhören, sollten alle Vorurteile über die polarisierenden und oft klanglich konfrontativen Songs der 22-jährigen verflogen sein. Obwohl ihre ersten beiden Werke, „Symphone“ und „Sirenium“, brüchige, fragile Anläufe mit Klangtreue waren, war in diesen Aufnahmen stets deutlich zu spüren, dass Fohr eine sehr markante und oft erschütternde Stimme besaß, die es zu entfesseln galt. Auf „Portrait“ ist nicht nur Fohr buchstäblich erwachsen geworden, sondern auch ihre Stimme, die das Herzstück des Albums bildet.
Wie Nika Roza Danilova von Zola Jesus besitzt Fohr eine kraftvolle, resonante Stimme, die in den mittleren Lagen von einem wunderschönen Vibrato durchzogen ist und sich in den oberen Lagen zu geisterhafter Zartheit ausweitet. Es ist eine markante, dramatische Stimme, die mühelos den Raum eines Songs ausfüllt, und sie lässt sie meist dominieren und ergänzt sie mit einfachen, langsamen Arrangements von E-Gitarre und Klavier. Die raue Gitarre in Kombination mit ihrer kernigen Transparenz erinnert an Scout Niblett. Die im Walzertakt gehaltenen Gitarrentöne in „Twenty & Dry“ beispielsweise haben die zerstörerische Schärfe einer Motorsäge, während Fohr’s Stimme, die um Texte wie „a shameful way to die” und “I have no memory of how I got here“ kreist, von Schmerz erfüllt ist.
Mit Stücken wie dem ebenso unheimlichen wie kinetischen „Crying Chair“ und dem dröhnenden Leadtrack „Falling Out“, der sich zwischen diese fokussierteren Statements einfügt, erfreut sich „Portrait“ an Fohr’s neuer Hi-Fi-Atmosphäre und bleibt dabei genauso eindringlich wie ihre früheren Werke. Wo einst Circuit des Yeux genäht und bandagiert war, ist „Portrait“ geheilt, klar im Kopf und trotzig, aber immer noch durchdrungen von den dramatischen Texturen, die das Projekt so persönlich und tragisch gemacht haben. Diese Zeichen der Reife sind auf Fohr’s intensives Studium an der School for Recording Arts der Indiana University sowie ihre Erfahrungen auf Tour als Shitgazing-Troubadour der ersten Welle zurückzuführen. „Portrait“ klingt wie eine Künstlerin, die mutig zu sich selbst findet.
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