
SABRINA CARPENTER
SABRINA CARPENTER liefert mit MAN’S BEST FRIEND eine provokante Pop-Chronik zwischen Satire, Sex und bitterer Wahrheit, die ihre Karriere neu rahmt und den Diskurs über weibliche Selbstinszenierung ins Zentrum der Popmusik stellt.
Sabrina Carpenter, einst das Disney-Sternchen mit engelsgleichem Image, hat sich längst von den engen Korsetten kindgerechter Rollen gelöst. Spätestens mit „Emails I Can’t Send“ und dem sommerleichten „Short n’ Sweet“ stand sie als eine der wenigen jungen Künstlerinnen da, die Pop gleichzeitig als Witz, Waffe und Spiegel begreifen. „Man’s Best Friend“, ihr siebtes Studioalbum, treibt dieses Prinzip auf die Spitze: Ein Werk, das sich zwischen Funk, Disco, Synth-Pop und R&B bewegt, getragen von der Handschrift von Jack Antonoff und John Ryan, aber vor allem durch Carpenter’s selbstbewusst inszenierte Ambivalenz.
Das Cover – sie auf Händen und Knien, das Haar von einem anonymen Mann im Anzug gepackt – entfachte einen Sturm. Von frauenfeindlich bis satirisch wurden die Lesarten durchgespielt, und genau darin liegt die Kraft des Bildes. Es zitiert die Logik des Skandals, spielt mit der Unterwerfungsrhetorik, die im Pop seit Madonna zum Inventar gehört, und legt sich quer zum Wunsch nach eindeutiger Botschaft. Während Glasgow Women’s Aid von „regressiv“ sprach, erklärten andere Stimmen wie Vogue den Aufschrei für puritanisch. Carpenter selbst reagierte mit alternativen Covern, darunter jenes, das sie augenzwinkernd „approved by God“ nannte – ein Schachzug, der deutlich macht, dass sie den Diskurs mitsteuert.
Musikalisch knüpft „Man’s Best Friend“ an die Leichtigkeit von „Espresso“ an, doch die Texte sind bösartiger. „Manchild“ eröffnet das Album als bissige Hymne über infantile Männlichkeit, ironisch überzogen, aber auch erschreckend real. Die Hook „Why you always come a-running to me?“ sitzt, weil sie einer ganzen Generation junger Frauen vertraut vorkommt. „Tears“ dagegen verbindet tanzbare Eleganz mit einem Refrain, der Alltagsrespekt zur erotischen Währung erhebt: „I get wet at the thought of you being a responsible guy.“ Carpenter verwandelt Ikea-Möbel und gespültes Geschirr in Aphrodisiaka – ein feministisches Augenzwinkern, das Pop mit Komik und Ernst zugleich lädt.
Stücke wie „My Man on Willpower“ oder „Nobody’s Son“ treiben die Ironie noch weiter. Da werden Männer beschrieben, die plötzlich Selbstkontrolle entdecken und damit ihre Partnerin ins emotionale Leere laufen lassen. Die Tragik bleibt jedoch stets verpackt in glänzende Pop-Strukturen, die Disco-Saiten von ABBA, die Melodramatik von Fleetwood Mac, den süffigen Groove von Donna Summer aufrufen. „House Tour“ spielt mit Double Entendres so schamlos, dass es beinahe zur Broadway-Nummer wird, während „Goodbye“ das Album mit einem bitter-salzigen „Forgive my French but fuck you, ta ta“ beschließt.
Die Platte ist nicht makellos. Manche Texte wirken wie hingeworfen, manche Pointen stumpfen durch Wiederholung ab. Doch Carpenter versteht Pop als Karikatur des eigenen Klischees, und genau deshalb funktioniert das Album. Wo andere Künstlerinnen um Ernsthaftigkeit ringen, setzt sie auf Überzeichnung. Sie ist Chronistin, nicht Heldin, nicht Gegnerin der Emanzipation. „Man’s Best Friend“ ist weniger Manifest als Spiegel: einer Gegenwart, in der Feminismus Lifestyle ist, Skandal Teil der Werbestrategie und Pop die Bühne, auf der beides gleichzeitig verhandelt wird.
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