MOLLY TUTTLE
So Long Little Miss Sunshine

KLANGPROFIL: hoffnungsvoll LABEL: Nonesuch Records KLANGSTART: August 2025

Zwischen Bluegrass-Wurzeln und Pop-Mut: Wie MOLLY TUTTLE auf SO LONG LITTLE MISS SUNSHINE ihre musikalische Identität neu verhandelt.

Molly Tuttle war nie eine Künstlerin, die sich mit sicheren Pfaden zufriedengibt. Die 1993 in Kalifornien geborene Ausnahmegitarristin, bekannt für ihre rasanten Flatpicking-Läufe und präzisen Fingerstyle-Muster, hat in den vergangenen Jahren mit der Band Golden Highway gleich zweimal den Grammy für das beste Bluegrass-Album geholt. Nun, ohne Band, wagt sie mit Produzent Jay Joyce eine deutliche Kursänderung: „So Long Little Miss Sunshine“ ist ein Soloalbum im wahrsten Sinne, voller persönlicher Offenbarungen, stilistischer Brüche und unerwarteter Pop-Momente.

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Schon das Cover signalisiert diesen Aufbruch: neun Porträts, neun Frisuren, neun Rollen und mittendrin Tuttle ohne Perücke, offen mit ihrer seit Kindheit bestehenden Alopecia Areata. Diese visuelle Vielstimmigkeit spiegelt sich in den Songs wider. Der Opener „Everything Burns“ ist ein politisch aufgeladener Americana-Bluegrass-Hybrid, düster und drängend, mit Textzeilen wie „A fool with a fire and a poison pen / A mob full of half a million angry men“. Gleich danach öffnet „The Highway Knows“ den Raum ins Weite: ein Road-Song über Beständigkeit in Zeiten des Wandels, getragen von warmen Harmonien und Secors Fiddle.

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„Golden State of Mind“, gemeinsam mit Ketch Secor geschrieben, schwebt federleicht zwischen Ballade und Westcoast-Traum, während „Rosalee“ als temporeiche Murder Ballad den Atem anhält. Der wohl größte Pop-Ausflug ist die Single „That’s Gonna Leave a Mark“ – mit Handclaps, Orgel und Refrain, der tagelang im Ohr bleibt. Auch das Cover von Icona Pop & Charli xcx’s „I Love It“ überrascht: weniger Exzess, mehr melancholisches Gleiten in Steel-Guitar-Nebel. Persönlichster Moment: „Old Me (New Wig)“. Hier geht es nicht um eine Perücke als modisches Accessoire, sondern um die symbolische Abstreifung einer alten Version ihrer selbst. 

Tuttle singt mit bissigem Humor, doch zwischen den Zeilen liegt Selbstermächtigung. Das abschließende „Story of My So-Called Life“ bündelt die Facetten der Platte – biografisch, hymnisch, rastlos. „So Long Little Miss Sunshine“ ist kein Bruch mit Tuttle’as Vergangenheit, sondern eine Erweiterung ihres musikalischen Kosmos. Zwischen Bluegrass-Tradition, Pop-Experiment und rockigen Kanten entsteht ein Album, das Risiken nicht scheut und in seiner Vielschichtigkeit überzeugt.

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Albumcover von Molly Tuttle „So Long Little Miss Sunshine“ mit neun Porträts der Künstlerin in unterschiedlichen Frisuren auf goldgelbem Grund.

Molly Tuttle – So Long Little Miss Sunshine

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Trotz dunkler Untertöne in Stücken wie „Everything Burns“ durchzieht das Album eine innere Aufwärtsbewegung. In „Golden State of Mind“ glüht die Sehnsucht nach Licht, „Oasis“ strahlt wie eine Quelle in der Wüste. Selbst in „Old Me (New Wig)“ klingt zwischen den bissigen Zeilen die Freude am Neuanfang. Es ist diese Mischung aus Verletzlichkeit und entschlossener Selbstbehauptung, die das Werk trägt – ein Blick nach vorn, ohne die eigenen Narben zu verleugnen.
hoffnungsvoll