Warum ELECTRA HEART von MARINA AND THE DIAMONDS als glitzerndes Spiegelbild unserer widersprüchlichen Sehnsüchte in die Popgeschichte eingegangen ist – und was das mit Herz, Ego und Rollenspiel zu tun hat.
Marina Lambrini Diamandis hat sich nicht einfach neu erfunden. Sie hat sich aufgelöst – in einer Figur, die aus Zuckerwatte, Selbsthass, falschen Wimpern und postfeministischen Abgründen besteht. „Electra Heart“ ist keine klassische Konzeptplatte. Es ist ein bröckelnder Spiegel, in dem jede Pop-Liebhaberin ein verzerrtes Ebenbild ihrer Unsicherheiten, Begierden und Rollenproben erkennen kann. Im April veröffentlicht, inszeniert sich Marina hier als „Primadonna Girl“, als „Bubblegum Bitch“, als „Teen Idle“ – eine verführerische Revue der gebrochenen Archetypen.
Schon das Cover spricht Bände: eine makellose Diva mit Lockenwicklern und perfektem Lippenrot, doch der Blick verrät Müdigkeit. Das kleine schwarze Herz auf der Wange ist mehr als Make-up – es ist die Markierung einer Tragödie. Marina spielt hier nicht sich selbst, sondern eine Figur, die alles darstellt, was sie hasst und zugleich begehrt. Wie sie in „Teen Idle“ singt: „I want to be a real fake“ – ein Widerspruch, so glänzend und traurig wie der American Dream.
Die Platte oszilliert zwischen electropoppigem Glamour („Primadonna“), bitterer Erkenntnis („Starring Role“), feministischem Fatalismus („Power & Control“) und morbider Nostalgie („Fear and Loathing“). In „Homewrecker“betritt Marina die Bühne der Selbstsabotage – schnippisch, sprechsingend, herrlich überzogen. Doch es sind die dunkleren Tracks wie „Teen Idle“ oder „Lies“, die wirklich haften bleiben. Wenn sie haucht: „You only ever touch me in the dark“, offenbart sich die Leere hinter all dem Posen.
Trotz der schrillen Sounds ist das Album tief melancholisch – ein Protest gegen das Bild der perfekten Frau, vorgetragen mit Glitzerstaub und Synthpop-Beats. Marina tanzt sich durch Rollen, verliert sich darin – und gewinnt paradoxerweise an Kontur. Was einst als kalkulierte Image-Strategie belächelt wurde, hat sich als popkultureller Meilenstein etabliert – vor allem bei jungen Frauen, die das Spiel durchschauen und doch mitspielen müssen.
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