
MARGO PRICE
MARGO PRICE erneuert den Outlaw-Mythos: „Hard Headed Woman“ verbindet Nashville-Tradition, RCA-Studio-A-Magie, kompromisslose Texte und große Stimmen zu einem zeitgemäßen Country-Statement voller Twang, Reue, Widerrede und zarter Balladen.
Im historischen RCA Studio A, wo einst Loretta Lynn und John Prine sangen, zieht Margo Price eine klare Linie: zurück zur Erzählung, vor an den Puls von 2025. Sie spricht von einem Album als „candle in the darkness“, einer Platte, die klassische Honky-Tonk-Gene mit der Gegenwart verwebt. Produzent Matt Ross-Spang hält den Sound trocken, lässt die Fiddle leuchten, gibt der Pedal-Steel Platz, während Price die Perspektive schärft: selbstbestimmt, wütend, zärtlich. Der Auftakt „Prelude {Hard Headed Woman}“ ist eine kurze Positionsbestimmung, danach explodiert „Don’t Let The Bastards Get You Down“ in Refrain-Ökonomie und Schlagfertigkeit. Die Punchlines sitzen: „Don’t let the bastards get you down“, später noch schärfer mit „All the cocaine in existence / couldn’t keep your nose out of my business“.
Das klingt wie eine Kampfansage an Gatekeeper, aber auch wie ein Rettungsring für die, die täglich gegen Glasdecken laufen. Die Vorgeschichte liegt offen auf dem Tisch. Price hat Verluste, Abstürze, Entzugsarbeit und musikalische Richtungswechsel öffentlich gemacht; ihre Memoir „Maybe We’ll Make It“ legte die Nerven frei. „Losing Streak“ zieht diese Fäden neu zusammen, zitiert das Überleben im Rückspiegel: „I woke up in the back seat of a ’91 Explorer“, dann die bittere Zusammenfassung „peace of mind is hard to find when you’re on a losin’ streak“. Das Lied wirkt wie ein Knotenpunkt, an dem die alte Außenseiterin und die arrivierte Songschreiberin einander ins Gesicht sehen. Daneben steht die Eskapismus-Hymne „Don’t Wake Me Up“, die in poetischen Inventuren von Waffle House bis „dojo somewhere out in Tokyo“ das Träumen als Gegenmacht feiert: „The way this world is going ain’t where I’m at“.
Price schreibt viel mit Jeremy Ivey, holt alte Mentoren an Bord und streut Reverenzen ohne Nostalgiepose. Rodney Crowell hilft beim Feinschliff, Kris Kristofferson inspiriert den Mittelfinger im Radioformat, George Jones’ „I Just Don’t Give a Damn“ setzt die Tradition des trotzig-komischen Country-Fatalismus fort. Die Duette tragen das Album über Genre-Zäune: Mit Tyler Childers wird „Love Me Like You Used To Do“ zum Walzer über brüchige Nähe, Jesse Welles färbt „Don’t Wake Me Up“ mit Harmonien an, die den Hallraum vergrößern. Zwischen den uptempo-Schlenkern stehen stille Momente: „Keep a Picture“ atmet, „Close To You“ legt die Stimme frei, „Nowhere Is Where“ skizziert Transit als Lebensform. Am Schluss „Kissing You Goodbye“ aus dem Waylon-Kosmos, weitergereicht von Jessi Colter, erzählt hart und humorvoll von der Grenze zwischen Liebe und Flucht – ein klassischer Country-Schlussakkord, aber ohne museale Patina.
Das Cover erklärt die Mission, ohne ein Wort: Schwarzweiß, fast blendendes Licht, breite Western-Lettern, Price im Hut, Hände an der Gürtelschnalle. Keine Maske, keine Requisitenflut, nur Haltung. Diese Reduktion spiegelt den Kern der Songs, denn hier regieren Stimme, Groove, Satzgesang. Price hat ihr Live-Umfeld neu sortiert, setzt stärker auf Vokalschichtungen und Melodie, bleibt aber die Autorität im Raum. Wer nach dem psychedelischen Ausflug von „Strays“ eine Kurskorrektur erwartete, bekommt mehr: eine Wiederverortung. Das Ergebnis klingt rau genug fürs Honky-Tonk, geschliffen genug fürs große Radio, emotional genug für lange Nächte. „Hard Headed Woman“ ist kein Denkmal, eher ein Werkzeugkasten: Lieder zum Überstehen, zum Erinnern, zum Gegenreden. Oder, um es mit Price zu sagen: „I always hope to do like Johnny Cash did, which is speak up for the common man and woman.“ Hier geschieht genau das.
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