
MAE POWELL
Zwischen Hippie-Ideal und ehrlicher Selbstsuche: MAE POWELL’s BOTH WAYS BRIGHTER erfindet den sonnigen Folk neu mit politischer Schärfe, poetischen Beobachtungen und jugendlicher Sehnsucht nach Verbindung.
Mae Powell ist eine Künstlerin, die sich nicht damit begnügt, in nostalgischer Folk-Melancholie zu verharren. Aufgewachsen in San Diego, geprägt von improvisierten Garagenaufnahmen ihrer Mutter und Schwester, zog sie 2014 nach San Francisco, wo Begegnungen mit Musikerinnen ihren eigenen Kosmos öffneten. Ihr Debüt „Both Ways Brighter“, aufgenommen in Oakland unter der Regie von Jason Kick, trägt diesen Geist in sich: es ist ein Album, das Wärme atmet, doch auch Fragen stellt, die unbequem sind.
Gleich zu Beginn erhellt „Light Beam“ mit luftigen Harmonien, unterstützt von Madison Decter, den Raum wie ein zarter Sonnenstrahl am Morgen. Die Stimme von Powell wirkt unprätentiös, aber bestimmend, als würde sie beiläufig über eine Tasse Kaffee existenzielle Wahrheiten aussprechen. In „Let’s Talk“ wird aus einer simplen Beobachtung ein Manifest: weg vom Smalltalk, hin zu echter Nähe. Dieser Drang nach Tiefe zieht sich wie ein roter Faden durch das Album und findet einen Höhepunkt in „Catalyst“, wo Powell fragt, warum sich Entschuldigungen Fremden gegenüber leichter aussprechen lassen als den engsten Vertrauten.
Doch Powell bleibt nicht in privaten Gefilden. „Fuck I.C.E.“ ist ein Statement, das in seiner Direktheit fast trotzig wirkt, während „We Are the Ones“ das Privileg der eigenen Sicherheit mit der Realität rassistischer Repression konfrontiert. Hier zeigt sich, dass ihre Lieder mehr sind als akustische Tagebucheinträge – sie sind politische Gesten im Gewand sanfter Psychedelia. „Yellow Flower“, getragen von warm flirrenden Gitarren, wirkt dagegen wie eine Einladung, im Mittagsschlaf der Sonne zu versinken.
Diese träumerische Qualität findet ihren Widerhall auch im Cover: das gemalte Porträt, in kräftigem Rot und umgeben von einem leuchtend grünen Heiligenschein, wirkt wie ein psychedelisches Fresko aus den 70ern, zugleich nahbar und mystisch. Es ist ein Bild, das die Musik visuell spiegelt: intim, grell, doch auch verletzlich. Der Schluss mit „Outro“ wirkt wie eine offene Tür zurück in den Alltag, voller Stimmen und Gelächter, fast so, als sei das Album ein Protokoll einer gemeinsamen Session unter Freundinnen gewesen.
„Both Ways Brighter“ will keine Revolution, sondern Gemeinschaft, keine Parolen, sondern ehrliche Nähe. Und genau darin liegt seine Stärke: es ist ein Album, das das Leichte nicht scheut, aber das Schwere nicht verdrängt.
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