
MADELEINE COCOLAS
MADELEINE COCOLAS erfindet die Heimkehr neu: ITHACA als musikalische Landschaft zwischen Erinnerung, Mythos und elektronischer Introspektion.
Madeleine Cocolas’ neues Album „Ithaca“ ist mehr als nur ein Heimkehr-Statement, es ist eine poetische Reflexion über das Zurückkehren an Orte, die man längst nur noch als Erinnerungsbilder kennt. Die in Brisbane geborene Komponistin und Produzentin lebte viele Jahre in Melbourne, Seattle und New York, bevor sie 2020 nach Queensland zurückkehrte. Dieses Album entstand aus dem Ringen mit der Frage, was Heimat überhaupt sein kann, wenn sie sich durch Abwesenheit verwandelt hat. Der Titel verweist nicht nur auf den alten Namen des Stadtteils, sondern auch auf Homers Odysseus, dessen Ithaka sich nach seiner Rückkehr als fremd erweist.
Cocolas zieht zusätzlich eine historische Linie, indem sie die Jagera und Turrbal als ursprüngliche Bewohner des Landes anerkennt und so das persönliche Erzählen mit kollektiver Erinnerung verschränkt. Die Musik entfaltet sich in minimalistischen, oft repetitiven Klavierfiguren, die wie fixierte Punkte wirken, während elektronische Texturen, Field Recordings und synthetische Wellen die Oberfläche ständig verschieben. Gleich im Opener „Across The Ocean, But Not Yet“ klingt die Spannung des Übergangs, das Gefühl eines Ankommens, das noch kein Ankommen ist. Mit „A Promise“ schichtet sie warme Synthflächen über behutsam gesetzte Pianotöne, die wie das Einlösen eines Schwurs zwischen Vergangenheit und Gegenwart wirken.
„Circular“ und „A Basic Understanding“ lassen Einflüsse der Berliner Schule aufscheinen, mit Arpeggios, die an Laurie Spiegel erinnern, sowie rhythmischen Impulsen, die sich in endlosen Spiralen verlieren. Dazwischen liegt das Herzstück „The Heart Doesn’t Lie (Except When It Does)“, ein Stück für Solo-Piano, das in seiner Reduktion ein fast brutales Licht auf die Fragilität der Heimkehr wirft. Die Stille zwischen den Tönen ist hier genauso präsent wie das Spiel selbst, eine stille Konfrontation mit Selbsttäuschung und Sehnsucht. Das Albumcover – eine verwaschene, neblige Aufnahme von Palmen und Himmel – wirkt wie die visuelle Übersetzung dieses Schwebezustands.
Die Pflanzen sind greifbar, zugleich verschwimmen ihre Konturen im Dunst. So wie die Musik zwischen Klarheit und Ungewissheit pendelt, legt auch das Bild nahe, dass Erinnerung nie unverändert zurückkehrt. Cocolas selbst beschreibt den Prozess als „raw, personal and cathartic“, eine Beschreibung, die sich in jedem Detail dieser 43 Minuten nachvollziehen lässt. „Ithaca“ ist weniger eine Rückkehr als ein langsames Wiederfinden im Unbestimmten, eine Klanglandschaft, die sich nie vollständig auflöst.
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