MADELEINE COCOLAS
Bodies

KLANGPROFIL: unheimlich LABEL: Room40 KLANGSTART: April 2024

MADELEINE COCOLAS verschmilzt Klang und Körper: BODIES erforscht Strömungen, Atem und die fragile Grenze zwischen Wasser und Mensch in radikaler, atmosphärischer Tiefe.

Madeleine Cocolas hat sich längst als Künstlerin etabliert, die Geräusche nicht bloß als Nebenprodukt des Lebens versteht, sondern als Grundstoff für ihre Musik. Nach „Spectral“ von 2022, wo alltägliche Klangsplitter Erinnerungen und Emotionen hervorriefen, führt sie mit „Bodies“ den Weg weiter. Diesmal sind es Aufnahmen von Küstenlinien, Bächen und Wasserfällen in Far North Queensland, kombiniert mit ihrer eigenen Stimme und ihrem Atem, die den Kern bilden. Sie verschmelzen mit Synthesizern und elektronischen Schichtungen zu einer Musik, die nicht zwischen Feldaufnahme und Komposition trennt, sondern Grenzen auflöst.

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Das Albumcover, eine abstrakte, verschwommene Nahaufnahme, könnte kaum treffender sein: es wirkt wie Haut, gleichzeitig wie Wasseroberfläche, eine fragile Fläche, die sich ständig neu formt. Der Blick bleibt unscharf, fast so wie die Musik selbst, die Strukturen eher andeutet als ausbuchstabiert. Cocolas’ Idee, Ähnlichkeiten zwischen menschlichen Körpern und Wasserlandschaften hörbar zu machen, wird hier visuell gespiegelt. Die sechs Stücke entfalten sich wie Gezeiten. „Bodies I“ eröffnet mit tiefen Rumpeln und kratzigen Texturen, die den Eindruck erwecken, man würde direkt unter einer Wasseroberfläche treiben. „Drift“ glänzt mit flirrenden Synths, die wie biolumineszierende Organismen aufblitzen, bevor sie ins Dunkel zurücksinken. 

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„The Creek“ lässt drohende Drones gegen schimmernde Räume aufeinanderprallen, während „Exhale“ mit einer wortlosen Vokalebene aufwächst, die irgendwann in rauschendem Strom kulminiert. Besonders eindrucksvoll ist „Bodies II“, ein über zehnminütiges Finale, in dem chorartige Klänge wie Lichtstrahlen durch donnerndes Rauschen brechen. Die Stärke von „Bodies“ liegt in seiner immersiven Wucht. Über Kopfhörer wirkt das Album wie ein physisches Erlebnis, ein permanenter Wechsel zwischen Trost und Bedrohung. Doch genau da liegt auch die Schwäche: die Musik verliert sich manchmal in den eigenen Flächen, driftet in Schönheit, ohne klare Kontur. 

„Spectral“ hatte diesen einen Kernmoment, der hängen blieb, hier bleibt vieles flüchtig. Trotzdem beeindruckt, wie Cocolas es schafft, das Empfinden von Körper und Landschaft ineinander übergehen zu lassen. Lawrence English’s Mastering verleiht den Tracks zudem eine Dichte, die den Strom unaufhaltsam vorantreibt. „Bodies“ verlangt Aufmerksamkeit, es fordert Zeit und Geduld. Wer sich darauf einlässt, wird hineingezogen in einen Sog, in dem Atmung, Puls und Wellen zu einem einzigen Kreislauf verschmelzen. Es ist weniger Album im klassischen Sinn, eher ein Raum, in dem man treiben kann, verletzlich und offen, bis alles wieder im Wasser versinkt.

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Verschwommene Nahaufnahme in Blau-Grau, erinnert an Haut und Wasseroberfläche, abstrakt und atmosphärisch.



Die Musik trägt eine unterschwellige Bedrohung, als lauere etwas Dunkles unter der Oberfläche. Rumpelnde Bässe und dröhnende Flächen erzeugen ein Gefühl des Ausgeliefertseins, während helle Vokalschleier wie trügerische Lichter wirken. Selbst die Momente des Trostes haben eine Kante, ein Flackern im Hintergrund, das anzeigt, dass Sicherheit nur eine Illusion ist. Es ist diese Ambivalenz, die das Album so fesselnd macht: ein ständiges Schweben zwischen Verlockung und Gefahr.
unheimlich