Mit modularem Atem und elektrischer Zirkulation: Wie KAITLYN AURELIA SMITH auf THE MOSAIC OF TRANSFORMATION den Körper zur Antenne für Klang und Bewegung macht.
Kaitlyn Aurelia Smith hat in den vergangenen Jahren eine Karriere aufgebaut, die sich jeder einfachen Kategorisierung entzieht. Seit ihrem Durchbruch mit „EARS“ und dem Nachfolger „The Kid“ gilt sie als Komponistin, Produzentin und Visionärin, die den Buchla-Synthesizer wie kaum jemand sonst zu einem lebendigen, atmenden Organ verwandelt. Für ihr neues Werk „The Mosaic of Transformation“ hat sie diesen Weg noch konsequenter beschritten, indem sie die Beziehung zwischen Körper, Klang und Elektrizität in den Mittelpunkt rückt. „This album is my expression of love and appreciation for electricity“, sagte Smith in einem Interview – ein Satz, der nicht nur programmatisch klingt, sondern sich in jeder Spur des Albums spüren lässt.
Die Stücke sind weniger Songs im klassischen Sinne, sondern Bewegungsstudien, die mit modularen Impulsen, Vokalflächen und orchestralen Schattierungen einen Raum öffnen, in dem der Körper selbst als Resonanzraum begriffen wird. Schon der Auftakt „Unbraiding Boundless Energy Within Boundaries“ ist mehr skizzenhafte Geste als Komposition, während „Remembering“ mit den mantraartigen Worten „Be kind to one another, we’re calming together“ eine spirituelle Dimension beschwört, die man eher aus Ritualen als aus Pop kennt. „The Steady Heart“ wiederum lässt die Orgel beben, lässt Stimmen um den Kern tanzen und entfaltet schließlich eine fragile Balance aus Wucht und Zerbrechlichkeit. Am stärksten leuchtet das Prinzip des stetigen Wandels jedoch in „Carrying Gravity“, dessen Pads sich wie ein Atemmuskel zusammenziehen und wieder lösen, als würde man dem Nervensystem beim Arbeiten zuhören.
Smiths Methode – täglich neue Bewegungen, tägliche Transformation, tägliches Neujustieren – schlägt sich nicht nur im Sound nieder, sondern auch in der visuellen Umsetzung. Das Albumcover zeigt ihren Körper in symmetrischen Rückwärtsbögen, gespiegelt wie eine endlose Formation von Gesten. Diese Haltung ist nicht Selbstzweck, sie verweist auf den Kern der Musik: Frequenzen, die sich in Form übersetzen, Strom, der in Bewegung fließt, Transformation, die sich im eigenen Körper vollzieht. Gerade in der finalen Suite „Expanding Electricity“ kulminiert dieser Gedanke. Zehn Minuten lang baut sich eine Collage aus schimmernden Arpeggios, vibrierenden Flächen und vokalen Spiralen auf, bis die Frage „How can I help to serve you so you can do what you do?“ wie eine Öffnung wirkt, ein Angebot, das ebenso an den Synthesizer wie an das Publikum gerichtet scheint.
Doch so betörend diese Texturen sind, bleibt auch spürbar, dass Smith auf klare Melodien und rhythmische Anker fast vollständig verzichtet. Für Kenner ihrer Arbeit ist das kein Bruch, eher eine konsequente Weiterentwicklung. Für Neulinge allerdings kann „The Mosaic of Transformation“ fordernd wirken, ein Werk, das nicht führen will, sondern den Hörerinnen einen Schweberaum überlässt. Es ist Musik, die nicht linear erzählt, sondern wie ein Kaleidoskop aus Klangfarben funktioniert – schillernd, veränderlich, manchmal ungreifbar. Wer sich darauf einlässt, entdeckt ein Album, das weniger auf Songwriting als auf die radikale Idee des Verkörperns zielt. Kaitlyn Aurelia Smith hat damit kein gefälliges, sondern ein mutiges Album geschaffen, das sich eher als Prozess denn als fertige Form versteht.
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