
GWENIFER RAYMOND
GWENIFER RAYMOND verwebt auf LAST NIGHT I HEARD THE DOG STAR BARK okkulte Folklore, Science-Fiction-Visionen und kinematische Fingerpicking-Exzesse zu einem kosmischen Gitarrenepos zwischen American Primitive, Folk Horror und futuristischer Klangforschung.
Mit ihrem dritten Album setzt Gwenifer Raymond ihre Reise zwischen Tradition und Aufbruch konsequent fort. Schon auf dem gefeierten Vorgänger „Strange Lights Over Garth Mountain“ zeichnete sich ab, dass die walisische Gitarristin mehr will als bloß die Fußspuren von John Fahey und den Mississippi-Blues nachzuvollziehen. „Last Night I Heard the Dog Star Bark“ führt diese Suche weiter, hinein in ein Universum aus Folk Horror, Sci-Fi-Literatur und mathematischer Unendlichkeit. Dass Raymond ihre Laufbahn als Astrophysikerin begann, verleiht dem Album eine zusätzliche Dimension: Jedes Stück wirkt wie eine Gleichung, deren Lösung sich in Schwingungen, Drones und eruptiven Läufen auflöst.
Bereits der Opener „Banjo Players of Aleph One“ schimmert wie ein rätselhaftes Relikt, das aus kosmischem Staub geborgen wurde. Die knorrigen, sich drehenden Motive schlagen Brücken zwischen Banjo-Intimität und fernechoenden Raumklängen. „Jack Parsons Blues“ steigert diese Spannung in fiebrige Intensität, als wollten Raymond’s Finger das verhängnisvolle Leben des Raketenpioniers in Klang übersetzen: ein Strudel aus Beschleunigung, Gefahr, Katastrophe. Das Titelstück entfaltet sich dagegen wie eine kleine Sinfonie für Solo-Gitarre, beginnend in bedächtiger Schaukelbewegung, bevor die Noten ins Galoppieren geraten und sich zu einem Panorama steigern, das irgendwo zwischen Great Plains und galaktischem Rand schimmert.
„Dreams of Rhiannon’s Birds“ und „Bliws Afon Tâf“ erinnern daran, dass Raymond nie ihre Herkunft aus Südwales verleugnet. Hier tauchen mythische Figuren und Flusslandschaften auf, musikalisch eingefangen in kreisenden Linien, feinen Slides, hypnotischen Patterns. Noch intensiver wird die Bildsprache in „Bleak Night in Rabbit’s Wood“, wo plötzlich ein akustischer Doom-Ausbruch den kindlichen Schrecken der Wälder vertont. Gerade weil das Album rein instrumental ist, funktioniert es wie ein imaginäres Kino. Das Coverbild verstärkt diesen Eindruck: die düsteren Gravuren eines bellenden Hundes am Firmament, das Gewimmel menschlicher und tierischer Fratzen, davor die konzentrierte Musikerin mit ihrer Gitarre.
So wie die Zeichnungen Unheimliches und Verspieltes verbinden, klingen auch die Songs: rasant, melancholisch, zutiefst erzählerisch. Gwenifer Raymond zeigt auf „Last Night I Heard the Dog Star Bark“, dass Virtuosität erst dann zählt, wenn sie eine Geschichte trägt. Ihre Musik lebt vom Detail, vom Wechselspiel zwischen Tempo und Stille, von der Fähigkeit, mit sechs Saiten ganze Universen zu öffnen. Dieses Album klingt wie ein Ruf aus den Tiefen der Wälder, der zugleich ins All hinaufstrahlt.
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