JENNY HVAL
Iris Silver Mist

KLANGPROFIL: verträumt LABEL: 4AD KLANGSTART: Mai 2025

IRIS SILVER MIST von JENNY HVAL ist sehr sinnlich, taktil und intim – berührt einen wie Gerüche, Geräusche und Bilder, wenn sie sich vervielfältigen.

Benannt nach Serge Lutens‘ ikonischem Duft „Iris Silver Mist“, komponiert von Maurice Roucel, greift Jenny Hval’s zweites Album auf dem Label 4AD die aromatischen Basisnoten des Vorgängers auf und verbindet taktilen, exotisch angehauchten Art-Pop mit ASMR-Experimenten und spritzigem Ambiente. „Iris Silver Mist“ dreht sich um Sehnsucht, aber wir sprechen hier von Hval – jedes Gefühl wird immer irgendwie verkörpert. „Classic Objects“ aus dem Jahr 2019 analysierte die Angst vor Selbstwahrnehmung, während ihr Klassiker „Blood Bitch“ über die Stigmatisierung der Menstruation meditierte. Angesichts des Mangels an physischen musikalischen Erfahrungen erinnerte sich Hval an den Geruch von abgestandenem Zigarettenrauch, Clubtoiletten und grellem Bühnenlicht. Dies löste eine Obsession für Parfüm aus, die „Iris Silver Mist“ prägt.

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Auf „Iris Silver Mist“ verwandelt sich Parfüm immer wieder in Rauch, Nebel und Musik. Auf der ersten Single „to be a rose“ spricht und singt Hval halb im Takt einer Drum Machine: „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Zigarette.“ Rosen und Zigaretten sind romantische Formen des Wunschdenkens, die einen an einen anderen Ort versetzen. Sie erklärt: „‚To Be A Rose‘ wurde als rastlose Pop-Struktur geschrieben. Es hat einen Refrain mit Akkorden und einer Melodie, aber jeder Refrain klingt leicht anders, als würden wir die Melodie aus verschiedenen Jahreszeiten, Jahrzehnten oder sogar verschiedenen Körpern erleben. Die klischeehafte Rosenmetapher im Song ist ebenso rastlos. Sie kann ihre Form in eine Zigarette verwandeln und dann zu Rauch verdampfen.“

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Viele Songs drehen sich auch um fieberhafte Bühnenvisionen, manche mit bierseligem Publikum und „sich küssenden Paaren an der Ausgangstür“, andere still, aber voller Möglichkeiten. Auf „the Artist is absent“ fantasiert Hval von einer „Bühne ohne Show“; die rollenden Breakbeats und der drohende Bass des neckisch kurzen Tracks schaffen den kinetischsten, sinnlichsten Moment des Albums. (Um die Bedürfnisse ihrer Hörerinnen und Hörer zu antizipieren, hat Hval außerdem einen hypnotischen Extended Cut veröffentlicht – angemessen großzügig für ein Album, das das Zuhören so intensiv zelebriert.) Vergänglichkeit ist Bedrohung und Genuss zugleich auf „Iris Silver Mist“. „Instruments packed/The stage lights are cut/The beer you just spilled on the floor has dried out“, singt sie in „The gift“; wie Parfüm verändert sich das verschüttete Bier mit der Zeit, einst frisch, nun klebrig und abgestanden.

Diese Idee der Transformation – zwischen Präsenz und Auflösung – spiegelt sich auch auf dem Cover wider: Hval liegt rücklings auf dem Boden, eingehüllt in ein strukturreiches weißes Kleid, das sich fast wie Nebel oder Schaum an die Wand schmiegt, halb Mensch, halb Erscheinung. Der Raum wirkt klinisch, aber das Licht, das durch das Fenster fällt, deutet auf etwas Weiches, Flüchtiges hin – ein visuelles Echo des Albumtitels, das Parfüm, Körper und Raum miteinander verschwimmen lässt. Vergänglichkeit ist ein Symptom der Transformation; auf „Iris Silver Mist“ preist Hval diese Realität und lädt uns ein, die Schönheit in jeder Phase zu suchen. Selbst ein verschwindender Duft offenbart subtile Noten, während er verfliegt.

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Das Albumcover zeigt Jenny Hval rücklings auf dem Boden eines hellen Raums, in ein weiß strukturiertes Kleid gehüllt, das sich skulptural an die Wand lehnt – zwischen Mensch und flüchtiger Erscheinung.


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Das Album gleitet durch duftende Erinnerungen, poetisch flackernde Wahrnehmung und körperlich erfahrbare Vergänglichkeit. Die Musik bewegt sich zwischen flüsternden Texturen, Nebel und Licht, zwischen Clubassoziationen und imaginiertem Theater. Hval dekonstruiert Popstrukturen, löst Bedeutungen auf – alles wirkt wie eine Reise durch eine duftende Traumlandschaft, in der Dinge ineinander übergehen: Rose wird Zigarette, Klang wird Körper, Hörer:innen werden Zeuginnen des Verflüchtigens. Das Cover unterstützt diese Traumlogik – ihr Körper scheint schwerelos, wie ein schäumendes Kleid aus Nebel.
verträumt