Als FLORENCE WELCH beim Lesen im Lockdown auf das historische Konzept der Choreomanie stieß, ein Gruppenritual des Tanzens bis zur Erschöpfung – in einem Extremfall tanzten sich im Mittelalter 400 Frauen zu Tode – war sie sofort von dem Konzept begeistert.
Zu einer Zeit, als Tanzen praktisch nicht existierte – abgesehen von der Quarantäne-Küchendisco – sehnte sich die Texteschreiberin und Musikerin aus dem Süden Londons, wie so viele von uns, nach der körperlichen Befreiung von Bewegung. Das fünfte Album von Florence Welch und ihrer Band, „Dance Fever“, erweitert das emotionale Gewicht dieses einst universellen Verlangens der Choreomanie in herrlich ausdrucksstarke Songs. Diese 14-Track-Sammlung spiegelt ein neues Gefühl der Entschlossenheit wider und verpackt einen belebten Geist in kraftvollen, hinterhältig aufregenden Pop. Der Sound wechselt durchgehend zwischen zart und gewaltig, eine barocke Mischung aus epischem Gothic-Pop und melodischem Folk, dessen angeborene Pop-Sensibilität von zwei neuen (für Welch) Co-Autoren und Produzenten, dem allgegenwärtigen Jack Antonoff (Taylor Swift, Lorde, Lana Del Rey) und Dave Bayley von der britischen Band Glass Animals.
Vielleicht musste dieses professionelle Pop-Framework vorhanden sein, um zu verhindern, dass Welch völlig aus dem Ruder läuft. Während des Lockdowns geschrieben und aufgenommen, ringt „Dance Fever“ mit einer greifbaren Frustration und erwägt das Opfer des häuslichen Lebens für eine kreative Existenz, “…like children begging to be born”. An anderer Stelle vergleicht sie sich mit der altgriechischen Wahrsagerin Kassandra, beschreibt ein Treffen mit dem Teufel und vergleicht die Kunst der Live-Performance mit dem Praktizieren der Kunst “resurrection every night, raising the dead under the moonlight”. Sie kehrt zurück, um ihre verworrene Balance zwischen Leben und Arbeit auf dem herrlich tanzbaren „My Love“ zu bewerten, das die Arme in die Höhe ihres Covers von „You’ve Got The Love“ aus dem Jahr 2008 zurückholt. Der Track lässt sie auf eine Zeit zurückblicken, als „I was always able to write my way/ The song always made sense to me/ Now I find that when I look down/ Every page is empty.”
„Choreomania“ erwacht mit Welch’s bekennender Spoken-Word-Übergabe und einem spärlichen, hüpfenden Beat zum Leben und baut sich langsam zu einem explosiven, euphorischen Ende auf, vollgepackt mit Streichern, hämmernder Percussion und freudigen Schreien wie „I just keep spinning and I dance me to death.“ Auf dem gebieterischen Eröffnungstrack „King“ denkt Welch über ihren künstlerischen Ehrgeiz nach und lehnt traditionelle weibliche Archetypen ab (“I am no mother, I am no bride”) bevor sie verkündet: “I am king!” Den männlichen königlichen Titel zu proklamieren, klingt gleichzeitig transgressiv und freudig komisch, seine Kraft wird noch betont, wenn auf einen monumentalen Drumbreak der donnernde Einschlag ihrer Band folgt. Welch’s Selbstmythologisierung ist extravagant, ihre poetische Sprache überladen, doch ihre üppige Musik verbindet all das zu etwas Magischem in Songs, die explizit weibliche Archetypen nutzen, um ihre eigene Psyche zu erforschen.
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