Kelela – Cut 4 Me

Kategorie: Albums, R&B

KLANGSTART: Oktober 2013

CUT 4 ME ist eine ambitioniert eingängige und ästhetisch anspruchsvolle Platte. Wesentlich dafür steht die Entscheidung von KELELA, gegen die Launenhaftigkeit der Beats zu spielen – diese Gegenüberstellung treibt die Sympathie des Albums an.

Früher hat es ewig gedauert, bis Underground-Sounds den Weg in die Mainstream-Popmusik gefunden haben. Informationen bewegten sich langsamer, die Produktion von Aufzeichnungen nahm mehr Zeit in Anspruch, und es gab Schichten kultureller Torwächter, die in diesem Prozess navigiert werden mussten, sodass Subkulturen, die sich nach Dunkelheit sehnten, sie normalerweise finden konnten. Das Internet und die digitale Aufnahmetechnik haben das geändert. Nun, wenn das Timing stimmt, kann man sehen, wie ein bestimmter Synthesizer-Sound oder eine Drum-Programmiertechnik in vielleicht ein paar Monaten, manchmal aber auch in nur Wochen, von der SoundCloud-Seite eines Niemandsproduzenten ins Pop-Radio gelangt.

Die schattige Postdubstep-Underground-Bass-Musikszene beispielsweise wird derzeit von Kanye, Drake und ihren Legionen von Anhängern ins Rampenlicht gerückt, die zunehmend düstere ästhetische Identitäten annehmen, die von Künstlern wie SBTRKT und Arca geprägt sind. Diese Aneignung wird sich nach Lorde’s „Pure Heroine“ noch intensivieren, das minimalistische Bassmusik, die noch vor wenigen Monaten als Avantgarde qualifiziert gewesen wäre, in Chartgold verwandelt hat. Was also macht eine Musikgemeinschaft, die es vorzieht, unter dem Radar der Popkultur zu operieren, wenn Mainstream-Künstler anfangen, es für ihren eigenen Profit abzubauen? 

Am klügsten und produktivsten wäre es, ein eigenes konkurrierendes Alternativprodukt auf den Markt zu bringen: Kelela Mizanekristos hat das nun getan. Als sie sich entschloss, Sängerin zu werden, konnte sie keine Musik finden, die ihrer musikalischen Vision entsprach, aber die verzerrten und schmutzigen Klänge von Bok Bok und Girl Unit erregten ihr Ohr und veränderten den Verlauf ihrer Karriere nachhaltig. Der von Kingdom geleitete „Bank Head“ war der erste Vorgeschmack, ein aufsteigendes und fallendes Meisterwerk, bei dem die Sängerin perfekt durch den wackeligen Groove ihres Produzenten navigierte. Jetzt liefert sie „Cut 4 Me“ ab, ein kostenloses Mixtape voller Street-Produktions-Credits, zu denen Jam City, Bok Bok, Nguzunguzu und Girl Unit zählen. 

Kelela’s Stimme ist unverwechselbar, ein leicht nasales Gurren, das beeindruckende Höhen erreichen kann. Kelela singt überwältigend und obsessiv über verlorene Liebe. Aber das Thema der nächtlichen Sehnsucht wird durch die Vielfalt der Klänge getragen, die ihre Produzenten auf den Tisch bringen. Nguzunguzu’s brutalistische Produktion in „Enemy“ fügt ihren Texten eine wilde Absicht hinzu („I need someone who knows, someone who gives a fuck“). „Do It Again“ ist in seinen sexuellen Begierden fast wahnsinnig, wobei NA Sci-Fi-Synthesizer verwendet, um der Klanglandschaft eine unheimliche Atmosphäre zu verleihen. Der von Kingdom produzierte Track „Bank Head“ ist die beeindruckendste Kreation von „Cut 4 Me“ – fünf Minuten weiträumiger Drumbeats, die mit einem gehauchten Falsett unterlegt wurden, versetzen uns zurück in das Kribbeln eines berauschenden Teenagerschwarms.

Der Hauptgrund, warum Kelela’s Musik dieses Jahr mehr Anklang gefunden hat als die ihrer Zeitgenossen – Blood Orange, Jessy Lanza, AlunaGeorge – ist, dass sie klingt, als stecke ein verletzlicher Mensch hinter dem Sound. Zu viel abgedrehter R&B kann roboterhaft, kalt und hypersexualisiert klingen. Das klingt einfach ehrlich: über 13 Tracks hinweg reist Kelela von verärgert zu paranoid, geil zu high. Sie fühlt sich gut, dann wütend, dann nur ziemlich unglücklich, bis sie schließlich, zumindest für eine Weile, friedlich klingt. In diesem Sinne hat sie im Gegensatz zu ihren Kollegen viel mehr mit R&B-Acts aus den 90ern gemeinsam – manchmal erinnert uns die Persönlichkeit, die sie in ihren Gesang einfließen lässt, an eine frühe Erykah Badu. An anderer Stelle schweben die Geister von Aaliyah’s „One in a Million“ oder Destiny’s Child’s „Get On the Bus“ durch die Platte, während ihr flatterndes Gesangsorgan an Mariah Carey ohne Jeans-Hotpants und Disco-Gitarren erinnert.

Es ist ein kniffliger Tanz, den Kelela und ihre Mitarbeiter hier aufführen. Sie bieten diese wunderschönen, aktuellen Sounds, aber sie gehen Kelela im Allgemeinen auch verdammt noch mal aus dem Weg. Und Kelela nimmt diese Tracks, die oft so kalt und spärlich sind, und findet einen Weg, ihnen emotionale Resonanz zu verleihen, um sie in echte Songs zu verwandeln. Das Ergebnis: Ein Album erstklassiger Knutsch-Musik, die klingt, als käme sie aus der nahen Zukunft.

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