Die ehrgeizige Herangehensweise von CHER kollidiert mit einer Umsetzung, die in vielerlei Hinsicht zu sehr den gewohnten Pfaden folgt – ein musikalischer Diskurs, der mehr Fragen aufwirft, als er Antworten gibt.
In diesen Tagen, in denen die ersten Klänge von „Love Hurts“ in den Radios rotieren und die Plattenläden das neue Werk von Cher prominent ausstellen, bleibt eine Frage im Raum: Kann ein Album, das den Schmerz der Liebe thematisiert, wirklich berühren, wenn es sich musikalisch in kühler Perfektion verliert? Geffen Records präsentiert hier ein Werk, das unübersehbar auf Charttauglichkeit getrimmt ist. Die Produktion – überladen mit Synthesizern, Gitarrenriffs und bombastischem Hall – legt eine fast makellose Oberfläche über die Songs. Aber unter dieser polierten Hülle sucht man oft vergeblich nach der tiefen, rohen Emotion, die in den besten Momenten von Cher’s Karriere zu spüren war.
Der Opener „Save Up All Your Tears“ setzt gleich zu Beginn auf große Gesten. Die hymnische Power-Ballade, geschrieben von Desmond Child und Diane Warren, bietet Cher eine Plattform für ihre gewohnt kraftvolle Stimme. „Save up all your tears for another day“ – ein Ratschlag, der mehr Trotz als Trost vermittelt. Doch in all seiner klanglichen Perfektion wirkt der Song seltsam leblos, als ob er eher für eine Stadion-Show als für eine intime Reflexion über Herzschmerz gedacht wäre. Mit „Love Hurts“, dem Titeltrack, wagt sich Cher an eine Neuinterpretation des Evergreens, der bereits durch die Versionen von The Everly Brothers und Nazareth berühmt wurde. Doch während Nazareth das Stück mit verzweifeltem Schmerz füllte, bleibt Cher’s Version distanziert, fast resigniert.
Ihre Stimme trägt die Melodie mit technischer Präzision, doch das Arrangement – weichgezeichnet mit synthetischen Streichern – nimmt dem Song die nötige Dramatik. „Love and Understanding“, die erste Single des Albums, geht einen anderen Weg: Statt melancholischer Balladen gibt es hier ein Plädoyer für Zusammenhalt in einer Zeit der Unsicherheit. „Where is the love and understanding?“ fragt Cher mit eindringlicher Stimme – doch das Arrangement bleibt formelhaft, der Rhythmus zu glatt, um wirklich etwas aufzuwühlen. „Fires of Eden“ wurde von Jon Bon Jovi und Desmond Child mitgeschrieben, und das hört man. Der Song könnte ebenso gut auf einem Album von Bonnie Tyler oder Heart stehen, aber Cher macht ihn sich durch ihre unverkennbare Stimme zu eigen.
Der Text erzählt von der unkontrollierbaren Kraft der Leidenschaft – doch wo man Feuer erwartet, bekommt man nur gut inszenierte Glut. „I’ll Never Stop Loving You“ ist eine klassische Power-Ballade, die sich in sentimentaler Poesie verliert. Der Refrain erhebt sich erwartungsgemäß in die höchsten Höhen, getragen von Cher’s durchdringendem Timbre – doch auch hier fehlt es an echter Überraschung oder emotionaler Tiefe. Man hat das Gefühl, dass dieser Song in den Händen einer Künstlerin wie Celine Dion mehr Subtilität erhalten hätte. Ein interessanter Moment auf dem Album ist „One Small Step“, ein Duett mit Richard Page (bekannt von Mr. Mister). Es ist ein Versuch, mehr Variation in das Album zu bringen, wenngleich der Song im Korsett der formelhaften 90er-Jahre-Pop-Rock-Produktion gefangen bleibt.
Ein weiteres Cover, „A World Without Heroes“, ursprünglich von KISS, erweist sich als mutige Wahl, allerdings bleibt Cher’s Interpretation kühl. Man spürt, dass sie versucht, dem Song eine neue Facette zu verleihen, doch die emotionale Tiefe bleibt hinter der polierten Fassade verborgen. „Could’ve Been You“ präsentiert sich als eine weitere Rockballade mit Herzschmerz-Thematik, während „When Love Calls Your Name“ mit seinen sphärischen Sounds eine gewisse Sehnsucht ausstrahlt, die im Gesamtbild des Albums jedoch untergeht. Mit „When Lovers Become Strangers“ und „Who You Gonna Believe“ neigt sich das Album seinem Ende zu. Beide Songs haben Momente der Stärke, insbesondere durch Chers Gesangsleistung, doch das Gesamtbild bleibt zu berechenbar.
Letztlich ist „Love Hurts“ ein Album, das musikalisch in den frühen 90ern verhaftet bleibt – ein Werk, das mehr auf Mainstream-Erfolg als auf emotionale Tiefe setzt. Cher zeigt, dass sie immer noch eine der markantesten Stimmen des Pop-Rocks besitzt, aber die sterile Produktion nimmt dem Album viel von seiner potenziellen Wirkung. Wo Schmerz sein sollte, bleibt oft nur ein professionell inszeniertes Echo davon.
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