Jessy Lanza schaltet den Gang in Richtung traditioneller Songstrukturen und reduziert ihre Einflüsse auf eine einheitlichere Palette.
Auf dem Cover ihres dritten Albums lehnt sich Jessy Lanza auf dem Vordersitz eines Minivans zurück, einen Fuß auf dem Armaturenbrett. Ihr Name und der Albumtitel sind in blockartigen, aber geschmackvollen Großbuchstaben mit Kreide über die Windschutzscheibe gekritzelt. Es ist eine magische Stunde, und das Leuchten trifft ihr Gesicht genau richtig, während lange Schatten über einen praktisch leeren Supermarktparkplatz fallen. Und mit nach oben gerichteten Augen, vermutlich zum Himmel, kriecht ein nachdenklicher, unsicherer Ausdruck über Lanza’s Gesicht.
„All the Time“ bietet in mehrfacher Hinsicht eine Momentaufnahme von Lanza’s Leben vor der Pandemie. Lanza hat sich mit dem drückenden Gewicht von Zeit und Raum aus der mitunter schnelllebigsten Stadt des Kontinents befasst und das Album mit ihrem in Hamilton ansässigen Kreativpartner Jeremy Greenspan von den Junior Boys aus der Ferne, während sie in New York lebte, kreiert und aufgenommen. Es gibt eine sommerliche Art von Traurigkeit in diesen Tracks, aber Lanza und Greenspan sind in ihrem Element, diese Gefühle zu spüren, indem sie eine Stimmung pflegen, die die Stille ebenso belebt wie die Unruhe beruhigend wirkt.
Das eröffnende Stück „Anyone Around“ dröhnt und klatscht und verwandelt sich in luftige Footwork-Sessions, die wie Erinnerungen an vergangene Partys klingen. Der reduzierte Sound und das langsamere Tempo, das weniger durch verschwenderisch geschichtete und überladene Verwischungen von Elektro und House gekennzeichnet ist, passen zu Lanza’s höherer Priorisierung der Texte. Diese Veränderungen schränken sie und Greenspan’s Eifer nicht ein, Stimmen zu dehnen oder sie mit Helium zu füllen. Beide sind immer noch bestrebt, seltsame Effekte aus ihren Maschinen herauszuholen und glitzernde Keyboards und pralle Basslinien auszugleichen.

Der hervorstechendste Punkt ist, dass Lanza’s R&B-Inspirationen noch nie so ausgeprägt klangen. Nicht umsonst ist „Alexander“ nach Alexander O’Neal benannt. Dennoch ist es eine clevere und glänzende Delikatesse, die nur Lanza so schreiben kann. Später, in „Baby Love“, erinnert Lanza an Janet Jackson, in euphorischem und blütenblattweichem Gesangsstil, unterstützt von einer spärlichen und zugleich brodelnden Produktion. Zwei weitere entzückende und klare Liebeslieder runden das Ganze ab. Das plätschernde „Over and Over“ ist so sprudelnd und belebt wie der gleichnamige Klassiker von Shalamar.
„All The Time“ ist ihre bislang zugänglichste Arbeit und obwohl es damit nicht ganz so experimentierfreudig ist wie ihr letztes Album, hat Lanza erneut bewiesen, dass sie eine zukunftsorientierte Produzentin ist, die es versteht, unwiderstehliche Popmusik zu schreiben.
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