„I’ve been focused on who I am in my music, but now I’m exploring where I am“, sagt ALFA MIST. „I’m asking: how did I get here?“ Das ist die Wanderfrage, die seinem fünftem Album VARIABLES zugrunde liegt.
Die neue Platte von Alfa Mist durchquert üppigen Big-Band-Swing, kopfnickende Boom-Bap-Rhythmen und sehnsüchtige Gesangsmelodien und ist sowohl körperlich als auch geistig weitreichend, gefühlvoll und bewegend. Auf „Variables“ erreicht Alfa sein bisher vollständigstes, ausdrucksstärkstes musikalisches Werk, indem er sein scharfes Ohr für Loops verbindet, unvergesslich emotionale Klaviermelodien mit intuitiven Grooves und einer frei fließenden Jazzimprovisation. Die Benennung des wortlosen Eröffnungstracks demonstriert eine gewisse musikalische Absicht. Für Alfa Mist ist sein „Vorwort“ zu Beginn von „Variables“ jedoch lehrreich und irreführend zugleich: Einerseits stellt es eine der stilistischen Hauptlinien des Albums vor, nämlich schnittig sprudelnden und ausdrucksstarken Instrumental-Jazz, voll von Bewegung und Energie, die überall sporadisch wiederkehrt.
Auf der anderen Seite ist es jedoch überhaupt kein Vorwort, da es fast ein Fünftel der gesamten Spielzeit von „Variables“ einnimmt und seinem Big-Band-Prahlerei sofort von einem Übergang zu feierlichem, intimem Rappen über zurückhaltendem Boom-Bap gefolgt wird, der, obwohl er voller Rhythmus und angenehmer Prägnanz ist, sich anfühlt, als käme er von einer ganz anderen Platte. Tatsächlich lässt dieses stilistische Flip-Flop das fünfte Album von Alfa Mist eher Mixtape-artig erscheinen: Wenn der Boom-Bap Platz für seidiges Neo-Soul-Gurren macht, gebürstet mit Akustikgitarre und üppigen Streicherarrangements („Aged Eyes“), und dann zu spiralförmiges Gitarren-Intermezzo auf halbem Weg zwischen Radiohead der Neuzeit und Kamasi Washington („Cycles“) wandert, hat man das Gefühl, dass Mist nach einem so stilsicheren Start vielleicht die Nerven verliert.
Andererseits kann man einer Platte namens „Variables“ verzeihen, dass sie hart an der, nun ja, Vielfalt gearbeitet wurde, denn alles hier ist gekonnt konstruiert und gespielt, unabhängig vom Genre. „Variables“ drängt Alfa Mist bestimmend in eine neuere Richtung, es gibt Einblicke in seine üblichen evokativen und bassigen Töne, aber insgesamt fehlt dem Projekt fast seine stimmliche Präsenz. Dies scheint jedoch ein sehr überlegter Schritt zu sein, der auf die Notwendigkeit hinweist, in diese Zeit eher zu handeln als etwas zu sagen. Ein Symptom für einen Künstler, der es seinem Sound konsequent erlaubt, sich über seine eigenen Erwartungen hinaus auszudehnen.
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