HIPS AND MAKERS von KRISTIN HERSH markiert einen Wendepunkt. Einen Punkt, an dem eine Künstlerin sich nicht neu erfindet, sondern sich selbst ungeschminkt ausspricht – und dabei eindringlicher klingt als je zuvor.
Kristin Hersh ist keine Musikerin der großen Gesten – sie ist eine Erzählerin des Inneren. Bekannt geworden als Mitgründerin und Stimme der Throwing Muses, hat sie über Jahre hinweg mit kantigem Alternative Rock, psychologisch aufgeladenen Texten und einer unverwechselbar brüchigen Intensität ihre Nische geschaffen. Doch mit „Hips and Makers“, ihrem ersten Soloalbum, hat Hersh nun einen radikalen Perspektivwechsel vollzogen: Der Lärm weicht der Leere, das Chaos der Klarheit, ohne dass die Wucht verloren geht. Das Album wirkt wie ein intimes Tagebuch, nicht geschrieben für ein Publikum, sondern beinahe gegen die Welt gerichtet – oder zumindest ohne deren Blick einkalkuliert.
Es gibt kaum Studiotricks, keine überflüssigen Arrangements, nur akustische Gitarre, ihre Stimme, manchmal ein Cello, selten Klavier – und doch entsteht daraus ein Klangraum, der dichter ist als vieles, was mit voller Bandbesetzung entsteht. Die Reduktion wirkt nie wie ein Konzept, sondern wie Notwendigkeit. Nichts scheint hier dem Zufall überlassen, aber nichts wirkt berechnet. Die Texte changieren zwischen brüchiger Melancholie, poetischer Andeutung und beinahe schmerzhafter Klarheit. Hersh formuliert keine Allgemeinplätze, sondern schält Erfahrungen aus der Tiefe heraus, ohne sie je ganz zu entblößen.
In „Your Ghost“ etwa trägt jede Silbe, jeder Atemzug eine Erinnerung, die nicht auserzählt wird – gerade das macht sie so schwer. Andere Stücke wie „Teeth“ oder „Velvet Days“ wirken wie Scherben aus einem Traum, dessen Bedeutung man erst nach dem Erwachen zu begreifen beginnt. Was „Hips and Makers“ so stark macht, ist seine Unbedingtheit. Es ist kein Nebenprojekt, kein akustischer Ausflug, sondern ein eigenständiges Statement – ruhig, aber nicht still, verletzlich, aber nie schwach. Hersh zeigt hier, dass Verletzlichkeit eine Form von Stärke ist, wenn sie nicht zur Pose, sondern zur künstlerischen Haltung wird.
Die Frage, wohin Kristin Hersh sich nach diesem Album bewegt, ist faszinierend. Wer sich so radikal reduziert und dabei dennoch neue Räume aufstößt, öffnet sich nicht nur musikalisch, sondern existenziell neue Pfade.
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