Indigo Sparke – Hysteria

Kategorie: Albums, Folk

KLANGSTART: Oktober 2022

HYSTERIA ist viel dichter und klanglich abwechslungsreicher als das Debüt von INDIGO SPARKE. Es ist wunderbar temporeich und geübt darin, die unbeständige Flugbahn zu assimilieren, wenn es darum geht, Trauer zu bewältigen und historische Traumata wiederzuerleben.

Wenn sich ihr Debüt 2021 wie ein Flüstern in unserem Ohr anfühlte, fühlt sich ihr Nachfolger wie das Heulen von einem Berggipfel an. Auf „Hysteria“ öffnet die australische Folk-Singer-Songwriterin Indigo Sparke ihre Welt, eine Veränderung, die sich auch personell widerspiegelt. Wo „Echo“ mit seinem Gänsehautgesang und den Gitarrensaiten streichenden Fingern mit produziert wurde, ist „Hysteria“ das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Multiinstrumentalisten Aaron Dessner von The National. Mit Unterstützung von Dessner singt Sparke trotzig über vollmundiger Instrumentierung. Aber nicht nur in der Musik kommt die neu entdeckte Räumlichkeit zum Ausdruck: Auch ihr Songwriting geht weiter, so weit das Auge reicht. Liebe wird immer wieder mit Gewässern verglichen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man diese Symbolik interpretieren kann, aber eines ist sicher: Der Ozean der Liebe ist unendlich groß und nimmt viele Formen an, und Indigo Sparke weiß das gut. 

Auf „Hysteria“ wird diese titelgebende Emotion nirgendwo treffender dargestellt als im ständigen Vergleich mit den Wogen von Leidenschaft und Liebe. Während des ganzen Albums erfreut sie sich an diesem Meer, wobei die Texte ihr klarster Ausdruck sind. Die Musik hält ein wunderschönes Porträt von mitternächtlicher Spannung, dargestellt in weichem, intensivem Pop-Folk. Textlich entscheidet sich Sparke für Abstraktion statt für Details. Sie pflanzt ihre Flagge nicht in erzählerische Spezifität oder emotionale Bemerkungen; stattdessen flirten impressionistische Bilder mit vagen Erinnerungen und Beschreibungen. In „Set Your Fire on Me“ ist die Bildsprache lebendig genug, um faszinierend zu sein und Neugier und Fragen zu wecken. Manchmal grenzen die Verallgemeinerungen an Plattitüden: “Time gets eaten / But love is still alive.” Aber dies ist ein Album voller schlüpfriger Gefühle, also ist vielleicht die Schlüpfrigkeit der Punkt.

Eine Ausnahme von diesem lyrischen Ansatz ist „Burn“, das abschließende Stück. Es ist eine in sich geschlossene Horrorgeschichte über Missbrauch, die das Album mit seiner Lebendigkeit und Verzweiflung untermalt. Hier kann man sich etwas Konkretes vorstellen, während an anderer Stelle auf der Platte die Gefühle einfach überwältigen. Mit 14 Tracks ist „Hysteria“ ein längeres Album als „Echo“ und behält nicht immer seine Intensität bei. Das Hin und Her zwischen Balladen und mutigeren Songs opfert manchmal den Schwung. Aber die breitere Linse, die es Sparke ermöglicht, sowohl ihren Indie-Rock-Sound als auch ihr mitreißendes Songwriting anzuwählen, bleibt weiterhin von beeindruckender Anmut.

Transparenzhinweis: Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links. Wenn du über diese Links kaufst, erhält MariaStacks als JPC/Amazon-Partner eine kleine Provision. Für dich bleibt der Preis gleich.