REFLECTION von LORAINE JAMES ist kein großartiges Erzählwerk, sondern eher eine wirkungsvolle Momentaufnahme, eine Sammlung von Titeln, die unter einer gemeinsamen Stimmung nebeneinander existieren. Obwohl die Platte gelegentlich in den Hintergrund tritt, belohnt sie wiederholtes Anhören.
Bei „Reflection“ schleift Loraine James die rauen Kanten ihres Debüts leicht ab, um ein insgesamt weicheres Finish zu erzielen. Es handelt sich um eine nach innen gerichtete Platte, die einen wärmenden Schutz um sich herum bildet. Das soll nicht heißen, dass seine Stimmung statisch ist oder dass sein Ansatz eintönig ist – sowohl James‘ Vorliebe für eckige Rhythmen als auch die Flirts des Albums mit härteren Genres wie UK-Drill halten die Sache dankenswerterweise interessant und stellen eher eine Anerkennung des zusammenhängenden Ökosystems des Albums dar. Die Entwicklungen lassen sich seit der Veröffentlichung von „For You and I“ im Jahr 2019 über zahlreiche selbstveröffentlichte Projekte hinweg verfolgen, hier kommen sie jedoch als etwas verfeinertes Projekt zusammen.
Die Londoner Musikerin mag schroffe Beats und schlüpfrige Melodien, und ihre Arbeit – Club-Knaller und Sofa-Chiller gleichermaßen – hat eine Aggressivität, die zu warnen scheint: Macht es euch nicht zu bequem. Doch etwa in der Mitte von „Reflection“ durchbricht James die vierte Wand und macht ihren Zweiflern eine unerwartete Ouvertüre. „I know you may not like this one/But it’s just fun, you know, it’s just fun“, murmelt sie, während Spieluhrglockenspiele und Videospielgezwitscher um unregelmäßige Tritte und Schlingen kämpfen. „I know you might not like this one/So press the skip button.“
Während das Lied voranschreitet und uns immer tiefer in seinen düsteren Wirbel aus 8-Bit-Pieptönen und perkussiven Splittern hineinzieht, wechselt sie ihre Ansprache vom uninteressierten Streamer zur frustrierten Spielerin. „Hate the music that I’m playing/That is why you’re not staying/That is why there’s no dancing“, intoniert sie und singt jetzt tatsächlich mit überraschender Sanftheit. „You are in a hurry/Leaving the club early.“ Es ist verletzend, anklagend und besorgniserregend zugleich. Und trotz des grüblerischen Beats ist es auch hinterhältig witzig und unterstreicht die Respektlosigkeit, die sich durch ihren subversiven Ansatz zieht.
„Running Like That“ mit der Sängerin Eden Samara ist ekstatisch schöne Popmusik, zu der man immer wieder zurückkehren muss. Die Reflexion knallt, klingt gewaltig, laut aufgedreht, aber auch traumhaft und beruhigend. In diesen Tracks steckt jede Menge Schmerz und Unsicherheit. Aber insgesamt ist das Album eine Rettung für uns und vielleicht auch für James selbst.
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